pathologie: tibialis posterior syndrom

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Tibialis Posterior Syndrom / Tibialis Posterior Dysfunktion / Posterior Tibial Tendon Dysfunction / Tibialis Posterior Tendinose / PTTD

Definition

Typischerweise progredient verlaufende Degeneration der Sehne des Tibialis-posterior, der als zweitstäkster Muskel des Unterschenkels gilt. Die Sehne des Tibialis Posterior hat anatomisch eine eher ungünstige Lage, indem sie direkt am Innenknöchel vorbei läuft. Sie beginnt bereits ca 6 cm über dem medialen Malleolus. Unter noch nicht genügend geklärten Bedingungen entsteht eine schmerzhafte Reizung der Sehne, die anfänglich noch keine Kraftminderung oder Funktionsstörung des Tibialis Posterior beinhaltet. Später längt sich die Sehne oder reißt gar. Überlicherweise führt das Tibialis-Posterior-Syndrom zu vermindertem Halt des Fußlängsgewölbes, das muskulär maßgeblich vom Tibialis-Posterior gehalten wird, und unbehandelt fast immer in Folge zum KnickSenkfuß bzw. später KnickPlattfuß (Pes planovalgus)führt, dessen häufigste Ursache die PTTD ist. Normalerweise bleiben bei diesem Störungsbild die Fibularissehnen auf der Außenseite des Knöchels unbeeinträchtigt, die mit der Sehne des Tibialis Posterior ein Zügelsystem bilden, so daß dieses aus dem Gleichgewicht gerät und neben dem Senkfuß auch eine Valgusstellung des Fersenbeins entsteht. Wird diese Situation über längere Zeit nicht zumindest mit Einlagen behandelt, verändert sich auch das Gleichgewicht der Unterschenkelmuskeln, und es kommt zur kontrakten Stellung, die dann eine OP-Indikation darstellt. In diesem Stadium zeigt sich ein prominierender medialer Malleolus, ein Rückfußvalgus sowie durch die leichte Abduktion des Fußes, ein Too-Many-Toes-Zeichen und ein auffälliger Single Heel Rise Test. Beim Single Heel Rise Test sollte sich mit Abheben der Ferse die Valgusstellung des Rückfußes begradigen. Unterbleibt die Korrektur oder ist ein Abheben der Ferse unmöglich, ist die Tibialis Posterior-Sehne völlig insuffizient oder bereits rupturiert. Zuweilen verändert sich auch das Os naviculare im Bereich des Ansatzes der Tibialis Posterior Sehne und wächst nach dorsal, kommt also dem Verlauf der Sehne entgegen. Der Kalkaneus neigt sich nicht nur (unten) nach außen, sondern neigt sich mit der Abflachung des Fußlängsgewölbes auch vorn nach unten, was die Arbeit des Tibialis Posterior erschwert und zu weiterer Progredienz führt. Besteht eine Tibialis-posterior-Tendovaginitis, treten die Schmerzen rasch auf, die Sehne fühlt sich dann dick und geschwollen an. Spontanheilung kommt kaum vor. Die Progredienz schließt sportliche Aktivitäten immer weitergehend aus. Die Gelenke Talonavikulargelenk, Calcaneocuboidalgelenk und Subtalargelenk sind zunehmendem arthrotischen Risiko ausgesetzt. Frauen sind häufiger betroffen, W:M 3:1. Das Anfangsstadium ist so unspezifisch, daß es nicht selten übersehen wird. Obwohl das Störungsbild Plattfuß bereits vor 100 Jahren hinreichend verbreitet und bekannt war und auch die Tibialis-Posterior-Dysfunktion in den Fällen des erworbenen Plattfußes seit Jahrzehnten als überwiegend verantwortlich erkannt worden war, wurde dies erst 1983 durch Johnson wieder in den Fokus gerückt, der dann 6 Jahre später zusammen mit Strom eine Klassifizierung einführte. Danach werden drei Stadien unterschieden:

  1. entzündliches Stadium
  2. gerissene oder insuffiziente (degenerierte überdehnte) Sehne
  3. degenerativer und fixierter Rückfußvalgus

Ursache

  1. chronischer Overuse, wiederholte Mikrotaumata (feine Längsrisse)
  2. chronische Tendovaginitis der Tibialis-posterior-Sehne
  3. chronische Tendinitis der Tibialis-posterior-Sehne
  4. Trauma

Prädisponierend

  1. Übergewicht
  2. Hypertonie
  3. Läufer mit KnickSenkfußneigung

Diagnose

  1. Muskelkraft-Testung, klinische Funktionstests
  2. Pedobarographie (statische und kinetische Darstellung der Druckverhältnisse an der Fußsohle)
  3. Sono (zeigt Entzündung), MRT (zeigt Sehnendegeneration: Grad 1 nur Paratendinitis, Grad 2 elongiert mit partieller Ruptur, Grad 3 Längs- oder Querriss), Röntgen (zeigt Knochenstellung)
  4. Schmerzauslösung /-verstärkung beim Zehenstand
  5. Arthrosezeichen in Grad 3
  6. Tests und Zeichen: too many toes sign ab Grad 2, single heel rise test

Symptome

  1. Zu Beginn nur Schmerz, aber noch keine Kraftminderung des Tibialis Posterior, später Sehnenschwächung und Funktionsstörung
  2. Beschwerden oder gefühlte Schwäche beim Gehen, verminderte Gehstrecke
  3. Grad 1: keine Fehlstellung, Grad 2: manuelle Ausgleichbarkeit, später (Grad 3) kontrakte Fehlstellung
  4. Druckschmerzhaftigkeit im Verlauf der Tibialis Posterior-Sehne am und vor (distal) dem Innenknöchel
  5. Bei Sehnenriss plötzliches Abflachen des Fußlängsgewölbes
  6. Schwellung am Innenknöchel
  7. medial betontes Verschleißbild der Schuhe
  8. mit dem Grad zunehmende Schwäche des Zehenstandes

Komplikationen

  1. Arthrose distaler Fußgelenke
  2. Hallux valgus
  3. Hammerzehen
  4. Ruptur der Tibialis Posterior-Sehne

Therapie

Die Therapie ist abhängig vom Stadium

  1. Schonung bis Belastung schmerzfrei erfolgen kann, PT, Antiphlogistika/NSAR, Unterstützung des Fußlängsgewölbe mit Einlagen, Abfedern der Ferse, Kräftigungstraining, Dehnungtraining / physiotherapeutische Lockerung, für längere Zeit feste Schuhe (feste Sohle, hoher Schaft), Iontophorese
  2. OP zur Wiederherstellung einer physiologischen Funktion der Einheit aus Tibialis-posterior-Muskel und Sehne, ggf. Calcaneusosteotomie
  3. zusätzlich OP der Fußdeformität: autologes Sehnentransplantat, Osteotomie mit bis zu 3 Arthrodesen

Asana-Praxis

Hier ist die Kräftigung der Unterschenkelmuskulatur insgesamt gefragt. Über allem steht natürlich der Versuch, den Tibialis posterior in einen bestmöglichen Funktionszustand zu bringen, was bei fortgeschrittenem Syndrom allerdings kaum noch möglich sein dürfte: ist der Fuß einmal kontrakt und nicht mehr reponierbar, stellt dies nach vielfältiger Aussage eine OP-Indikation dar, um weiteren Schäden am Bewegungsapparat vorzubeugen. Diesseits dessen sollten keine Dehnungen in Richtung Pronation des Fußgelenks geübt werden, von denen es ohnehin nur sehr wenige gibt, z.B. malasana. Im Gegenteil können viele Haltungen mit Supination des Fußgelenks geübt werden, um eine erhöhte Spannung im lateralen Fußgelenk und Unterschenkel abzubauen. Dazu bieten sich Stehhaltungen wie parsvakonasana, prasarita padottanasana mit weitem Fußabstand genauso an wie der Lotussitz und seine Varianten, die sich von vorgenanngen Stehhaltungen wesentlich unterscheiden, dadurch daß sie einen relativ weitgehend plantarflektierten Fuß haben und letztere nicht.

Die zweite wichtige Funktion des Tibialis posterior ist die muskuläre Unterstützung der Zuggurtung des Fußlängsgewölbes. Hier sollte für eine gute Funktion der relevanten Muskeln in Unterschenkel, vor allem des

  1. Flexor hallucis longus
  2. Flexor digitorum longus

sowie im Fuß selbst gesorgt werden, also der

  1. Abduktor hallucis
  2. Flexor hallucis brevis
  3. Flexor digitorum brevis
  4. Quadratus plantae
  5. Abduktor digiti minimi pedis

Da der Tibialis posterior ein supinierenderPlantarflexor ist, sollten seine Synergisten bezüglich beider Bewegungen im Trizeps surae zumindest auf eine gute Funktionsfähigkeit überprüft werden, auch wenn deren Schwäche üblicherweise nicht Teil des Pathomechanismus ist.

Wichtiger dürfte sein, den Rest der supinatorisch wirksamen Muskeln auf einen guten Stand zu bringen, auch wenn keiner von denen die Zuggurtung des Fußlängsgewölbes unterstützt. Dies sind vor allem supinatorische Fußheber wie

  1. Extensor hallucis longus
  2. Tibialis anterior

Asanas

Asanas in 862: Kräftigung der Supinatoren des Fußgelenks