pathologie: hallux valgus

yogabuch / pathologie / hallux valgus

Hallux valgus / Ballenzeh / Bunion

Definition

häufige, unbehandelt progrediente Fußdeformitäten ausgehend vom Großzehengrundgelenk, meist Frauen betroffen, familiäre Disposition; 1/3 der Schutragenden Bevölkerung sind betroffen, zu 90% Frauen. kommt in Ländern, deren Bevölkerung viel barfuß geht, kaum vor. Die Großzehe bewegt sich in Richtung Adduktion während ihr Grundgelenkbereich sich vom 2. Grundgelenk entfernt. Durch die Abweichung des Hallux vom Verlauf des Mittelfußknochens entsteht eine Subluxation mit extremer Verkleinerung der Artikulationsfläche, die Arthroseneigung begründet. Meist finden sich noch andere Abweichungen im Grundgelenk wie Extension und Rotation. Als Sonderform kann beim Halux valgus interphalangeus die Abweichung des Großzehengrundgelenks in Richtung 2. Strahl ausbleiben, dafür findet sie Abweichung im Zehengelenk statt. Das Ausmaß der Abweichung des 1. Strahls vom physiologischen Verlauf läßt keinen Schluß auf die Schmerzen zu. Versagt die konservative Therapie, führt die OP in 85% zu einem guten oder sehr guten Ergebnis

ICD M20/Q66

Ursache

  1. idiopathische/hereditäre Bindegewebsschwäche
  2. Trauma
  3. Coxarthrose, Gonarthrose
  4. Fußdeformitäten wie Plattfuß und Fehlbelastungen
  5. verkürzte Achillessehne oder Trizeps surae

Prädisponierend

– Verhalten

  1. inadäquates Schuhwerk: eingendend oder hohen Absätzen

Bewegungsapparat

  1. Rückfußvalgus, Senkfuß/Plattfuß (verursacht Überlastungsinstabilität des 1. Strahls)
  2. Spreizfuß
  3. angeborene Fußfehlstellungen
  4. apositionell verheilte Frakturen

– gesundheitliche Faktoren

  1. familiäre Disposition
  2. RA

Diagnose

  1. Valgidität der Großzehe (meist endorotiert)
  2. medialer Vorsprung am 1. Metatarsalköpfchen mit Subluxation
  3. Metatarsus primus varus

Symptome

  1. vor allem anfangs Belastungsschmerzhaftigkeit
  2. Fehlerhafter Winkel im Großzehengelenk mit Subluxation
  3. Progrediente Veränderungen
  4. mediale Rötung und Hautverdickung
  5. häufig: Entstehung von Krallenzehen, beginnend mit dem 2.
  6. nicht selten Exostose am Os metatarsale 1
  7. häufig Innenrotation des Hallux
  8. Lateralverschiebung der Flexorensehnen und Sesambeine
  9. Hyperpronation des Fußes

Komplikationen

  1. Arthrose
  2. Druckverschiebung zu Kleinzehen und Transfermetatarsalgie
  3. durch Verschiebung des Gelenks gegen die Sesambeine veränderte Kinetik des Gehens
  4. Bursitis
  5. Morton-Neurom
  6. Hallux rigidus
  7. Metatarsalgie
  8. Hammerzehen der Folgezehen
  9. Krallenzehe (Überstreckung im Zehengrundgelenk) der Folgezehen
  10. Subluxation oder Luxation der MTP der Folgezehen
  11. Digitus secundus superductus: die Deviation der Großzehe ist so stark, daß sie sich unter die 2. Zehe schiebt, die dafür im Grundgelenk überstrecken muß

Therapie

  1. eine bestehende Deformität heilt i.d.R. nicht spontan, hauptsächlich kann die Progredienz verzögert werden
  2. bei frühzeitiger Intervention kann Abduktionstraining der Großzehe und Spreizfuß-bezogenes Training erfolgreich sein
  3. kein einengendes Schuhwerk
  4. bei noch schwacher Ausprägung: Barfußlaufen
  5. Einlagen, weiche Schuhe, Zehenrichter und -polster, Zehenbox, ggf. Abrollhilfe
  6. aktive und passive Übungen
  7. bei schwererem Verlauf OP, insbes bei Adduktion des Os metatarsale 1 von mehr als 10 °. Es gibt über 100 OP-Techniken, meist mit Osteotomie und Korrektur von os metatarsale I und proximaler Phalanx des Hallux. Bei fortgeschrittener Arthrose des Grundgelenks: Arthrodese. Nach der OP möglichst früh wieder belasten. Derzeit werden minimalinvasive OPs und Lasermethoden erprobt.

Asana-Praxis und Bewegungstherapie

Anatomisch gesehen muß das Training des Abduktors der Großzehe (Abduktor hallucis) einer der wichtigsten Bausteine im Vorgehen sein, da dies der einzige Muskel ist, der die Großzehe dorthin bewegt, wo sie sein soll: in Ruhelage auf dem ersten Zehenstrahl und nicht adduziert mit Druck gegen den zweiten Zehen. Dieser Großzehenabspreizer hat drei Ursprünge (Processus medialis tuberis calcanei des Kalkaneus, oberflächliches Blatt des Retinaculum musculorum flexorum und Plantaraponeurose) und zieht über sein Sesambein zur medial-plantare Grundphalanx der Großzehe. Diese Bewegung muß entdeckt und immer wieder geübt werden, das kann mit und ohne Schuhwerk geschehen. Möglicherweise ist es sinnvoll, diese Bewegung erst einmal ohne Schuh und visueller Kontrolle auszuprobieren, gelingt diese Bewegung dann, und wird sie dann in Schuhen geübt, hat dies den Vorteil, daß der ausgeübte Druck direkt gespürt werden kann, eine nonvisuelle Erfolgskontrolle ist also jederzeit gegeben. Eine ähnliche Übung kann man mit einem geeigneten Gummiband machen, das um den Kleinzehengrundgelenkbereich und die Großzehe gelegt wird, damit die Abduktion gegen Widerstand geübt werden kann.

Gleichzeitig muß mit einem Muskel immer auch an den oder die Antagonisten gedacht werden, dies ist vor allem der Adduktor hallucis, der zwei Köpfe besitzt, die beide über das innere Sesambein laufen, einen transversen, profund im Fußlquergewölbe liegenden und einen schräg nach hinten zum Kalkaneus verlaufenden. Der quere Kopf ist hier umso wichtiger, da der Hallux valgus sich meist auf dem Boden eines bestehenden Spreizfußes entwickelt. Da dieser als Zusammenbruch des Fußquergewölbes davon zeugt, daß die quer im Vorfuß verlaufenden Muskeln nicht genügend Spannung haben, muß dieser mit trainiert werden.

Generell werden in der Literatur alle möglichen Übungen zur Mobilisierung des Fußes empfohlen. Solchen Empfehlungen zu folgen ist sicherlich kein Fehler, da der Fuß vielfach sehr vernachlässigt und intrainiert ist bei gleichzeitig häufiger Überbelastung. Auch wenn rein funktional vor allem die Spannung des Abduktors und Adduktors des Hallux zählt, gibt es doch sicher einige nützliche Synergieeffekte durch andere Fußübungen. In den asanas können die verschiedenen Bewegungen insbesondere der Großzehe (Adduktion und vor allem Abduktion) als Variation eingebaut werden, solange es die Ausführung der Haltung nicht beeinträchtigt. Symmetrische Haltungen eignen sich also wesentlich besser dazu als Balancehaltungen oder solche mit kleiner physikalischer Stützbasis. Abweichend von der üblichen Maxime, die Zehen nicht auf den Boden zu pressen, können Stehhaltungen auch mit Druck der Zehen auf den Boden geübt werden. Dafür bieten sich symmetrische Haltungen ohne Balancecharakter natürlich mehr an als solche mit schmaler physikalischer Stützbasis. Dazu empfehlen sich die Haltungen, in denen die Zehengrundgelenke passiv 90° gebeugt werden können, indem die Zahen auf die Wand gedrückt werden, während die Sohlen auf dem Boden stehen, wie etwa setu bandha sarvangasana gegen die Wand.

Eine weitere Komponente des Herangehens ist natürlich die passive Förderung der Beweglichkeit des Großzehen in die Abduktionsposition. Neben sanitätshaustypischen Artikeln bietet sich dazu das Zehen Spreizenan.

Asanas

  1. Asanas in 971: Dehnung des Zehenflexoren
  2. Zehen Spreizen