bewegungsphysiologie: zügelsystem

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Zügelsystem

Ein Zügelsystem ist eine Struktur aus partiell antagonistischen Muskeln, die das Drehzentrum eines Gelenks auf gegenüberliegenden Seiten überspannen, so daß sie beide Richtungen einer Bewegungsdimension bedienen können. Dabei kann es sich um einzelne Muskeln handeln wie bei der Exorotation im Knie (der Bizeps femoris), meist ist es aber eine Gruppe von Muskeln.

Der Begriff wird vor allem verwendet für Muskelsysteme, die die nachrangigere, was den Bewegungsraum, die ausübbare Kraft und die Relevanz für die menschlichen Alltagsbewegungen betrifft, undzugleich die geringer ausgeprägte zweier Bewegungsdimensionen bedienen, also
beim Fußgelenk die Pronation/Supination,
beim Handgelenk die Ulnarabduktion/Radialabduktion und
beim Kniegelenk die Endorotation/Exorotation des Unterschenkels. Dabei kann es sich um einzelne Muskeln handeln wie bei der Exorotation im Knie (der Bizeps femoris), meist ist es aber eine Gruppe von Muskeln.

Die wichtigsten Zügelsysteme sind:

  1. Zügelsystem des Fußgelenks
    Das Fußgelenk wird bzgl. der Bewegungsdimension PronationSupination aus dem Zügelsystem von medial Tibialis posterior und seinen lateralen Antagonisten Fibularis brevis stabilisiert und bewegt. Im Standbein stabilisieren und bewegen sie willkürlich in die entsprechende Richtung. Sind die beigen Zügel nicht im Gleichgewicht, verursacht dies eine veränderte Position und Kinetik des Gelenks. Im Spielbein verursachen sie dann eine ungewollte Bewegung, wenn nicht bewußt gegengesteuert wird.
  2. Zügelsystem des Kniegelenks
    Das Kniegelenk wird bzgl. der Rotation des Unterschenkels (EndorotationExorotation) stabilisiert und bewegt von medial der inneren Ischiocruralen Gruppe aus Semimembranosus und Semitendinosus und lateral dem Antagonisten Bizeps femoris.
  3. In gewissen Sinne kann man auch den Steigbügel aus Fibularis longus und Tibialis anterior als Zügelsystem bezeichnen, wobei beide Muskeln an den gleichen Knochen ansetzen: Os cuneiforme mediale, Os metatarsale I, nur daß der Fibularis longus dazu plantar von lateral nach medial über den Fuß läuft. In ihren beiden Funktionen sind sie genaue Antagonisten: Fibularis longus: Pronation und Plantarflexion, Tibialis anterior: Supination und Dorsalflexion.
  4. Zügelsystem des Handgelenks
    Auch im Handgelenk finden wir ein Zügelsystem: für die Radialabduktion aus Extensor carpi radialis longus, Extensor carpi radialis brevis und Flexor carpi radialis einerseits und andererseits für die Ulnarabduktion die Muskeln Extensor carpi ulnaris und Flexor carpi ulnaris. Von diesen Muskeln setzen nicht an den entsprechenden Epicondylen des Humerus an: Extensor carpi radialis longus (Crista supracondylaris lateralis), Extensor carpi ulnaris (Caput ulnare) und können daher nicht von Golferellbogen bzw. Tennisellbogen betroffen sein.

Im Standbein stabilisiert und bewegt das Zügelsystem des Fußgelenks willkürlich in die entsprechende Richtung. Sind die beiden Zügel nicht im Gleichgewicht, verursacht dies eine veränderte Position und Kinetik des Gelenks. Im Spielbein verursachen sie dann eine ungewollte Bewegung, wenn nicht bewußt gegengesteuert wird.

Neben dem oben genannten hautsächlichen Zügelsystem können noch die extrinsischen den Daumen bewegenden Muskeln dazu gerechnet werden: für die Radialabduktion Flexor pollicis longus, Abduktor pollicis longus, Extensor pollicis brevis (wegen anders verlaufender Ansatzsehne aber nicht der Extensor pollicis longus) und für die Ulnarabduktion der Extensor digiti minimi.

Der Begriff Zügelsystem weist eine Ähnlichkeit zu dem leider uneinheitlich verwendeten Begriff Muskelschlingen auf, auch hier sprechen einige Autoren von einem Set teils (zumindest partiell) antagonistischer Muskel. In den klarer formulierten dieser Quellen ist der Begiff jedoch allgemeiner als das Zügelsystem, in dem er jegliche Muskeln meint, die in beiden Richtungen einer Bewegungsachse bewegen.