pathologie: hohlfuß

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Hohlfuß (Pes cavus, pes excavatus, pes cavovarus)

Definition

manchmal angeborere, familiär gehäufte, aber meist erworbene Fehlstellung des Fußes mit überhöhtem Längsgewölbe (auch: plantarflektiertem Mittelfuß, v.a. Os metatarsale 1) und supiniertem (varischem) Kalkaneus (Rückfußvarus), weiter ventrale Knochen sind proniert (valgisch). Etwa 10% der Bevölkerung haben einen mehr oder weniger ausgeprägten Hohlfuß.
Nach Ätiologie kann man drei Typen unterscheiden:

  1. Lähmungshohlfuß: neurogen
  2. Resthohlfuß nach kongenitalem Klumpfuß
  3. idiopathischer Hohlfuß

Für eine adäquate Therapie muß die Ursache mit entsprechender Diagnostik geklärt werden.
Angeboren (genetisch bedingte Muskeldysbalance) oder erworben entstehen je nach Belastung (Ferse oder Ballen):

  1. Hochgesprengter Fuß: leicht überhöhter Spann, kaum pathogen, eher Normvariante
  2. Ballenhohlfuß: vor allem steiler 1. Strahl, beim Gehen viel Gewicht auf dessen Zehengrundgelenk, Spreizfußneigung und Klauenzehenbildung
  3. Hackenhohlfuß: besonders steil gestellter Kalkaneus, vermindertes Gewicht auf den Ballen und Zehen, dystrophische Wadenmuskulatur

Der Hohlfuß hat meist eine geringere Dämpfung, daher schlechtere Druckverteilung und erhöhte Neigung zu Schwielen, Hornhaut und schmerzhaften Druckstellen sowie zu einem veränderten Gangbild. Es besteht in der Regel eine Varusstellung des Kalkaneus (Rückfußvarus) und benachbarter Knochen, dadurch manchmal überlastungsbedingte Bandschäden im Außenfuß. Die Varusstellung des Kalkaneus führt außerdem über den darüber stehenden Talus zu einer Neigung zu Sprunggelenksarthrose im Gelenk zwischen Talus und Tibia, da die beiden Knochen nicht mehr voll artikulieren. Es zeigt sich eine eingeschränkte Beweglichkeit des OSG, Neigung zu Impingement an der ventralen kaudalen Tibia, welches zu einer Arthrose führen kann. Oft entwickelt sich durch die Vorfußbelastung ein Spreizfuß mit Druckstellen und Hühneraugen, häufig entstehen Krallenzehen (Klauenzehen) sowie eine Metatarsalgie, meist wegen intermetatarsaler Bursitis. Meist entsteht durch den relativ starren Fuß und das veränderte Gangbild eine Schwäche der Fußmuskeln und der Fibularis-Muskulatur (Fibularis brevis und Fibularis longus) bzw. deren Sehnen, die sich chronisch entzünden können, aber auch zu einer zustätzlichen (zu der Winkelfehlstellung) Instabilität des OSG führen, außerdem eine Neigung zur Plantarfasziitis, da die Plantarfaszie zu straff gespannt ist. Die 20% idiopathischen Fälle verlaufen meist mild und nicht progredient. Der Hohlfuß ist gewissermaßen das Gegenteil des KnickPlatt/-Senk-Fußes.

ICD Q66.7

Ursache

  1. angeboren, familiäre Disposition
  2. neurogen: Nervenschäden der Fußmuskeln
  3. Lähmungen: Polyneuritis, Polymyelitis epidemica; Folgen von Spina bifida bei der Geburt
  4. traumatisch: Knochen- und Gelenkschäden, vor allem von Talus oder Kalkaneus
  5. sekündär bei Muskelerkrankungen, dann oft als ersten Zeichen

Prädisponierend

  1. unsicherer Gang
  2. Neigung zum Unknicken (Supinationstrauma)
  3. Störung des das Fußlängsgewölbe stabilisierenden Systems aus Tibialis anterior und Fibularis longus
  4. Hallux valgus plus Rückfußvarus (mit oder ohne O-Bein)

Diagnose

  1. Winkel zwischen Achse des Talus und des os metatarsale I 20-40 statt 0°
  2. mindestens zwei cm angehobenes inneres Fußlängsgewölbe, in seltenen Fällen auch angehobener Außenrand
  3. Röntgen (Knochenstellung), MRT (Weichteile, Knochenödeme), neurologische Untersuchung (Innvervationsstörungen: ENG oder EMG). Röntgen der lumbosakralen WS.
  4. Bei Verdacht auf neurogene Ursachen auch Myelographie

Symptome

  1. Druckstellen auf Spann, Ballen und Zehen, insbesondere plantar unter den Grundgelenken, ggf. schmerzhaft
  2. kontrakte Plantarfaszie, oft Plantarfasziitis, Neigung zu Fersensporn, erhöhte Sehnenspannung, Krampfneigung, verminderte Flexibilität des Fußes in Längsrichtung
  3. Hallux valgus
  4. Spreizfuß
  5. Krallenzehen
  6. Hammerzehen
  7. Varusstellung/Supination des Kalkaneus (Rückfußvarus)
  8. Transfermetatarsalgie
  9. Fersenschmerz, Haglund-Ferse
  10. Schwäche der Fußmuskeln
  11. Belastungsschmerzhaftigkeit, v.a. unter dem Kopf des 1. und 5. os metatarsale, ggf. auch diffus im Fußwurzelbereich
  12. scheinbar „zu kurzer“ Fuß
  13. verändertes Gangbild, Gangunsicherheit, Schmerzen beim Gehen
  14. lateral abgelaufenes Verschleißbild der Schuhe
  15. meist geringe Symptomatik in jungen Jahren, die ärtzliche Vorstellung erfolgt meist eher wegen damit verbundener Fuß- oder Fersenschmerzen
  16. ggf. Drehfehlstellung im OSG, Supinationstraumata verstärken das noch
  17. Kribbeln auf dem Spann (in Schuhen)

Komplikationen

  1. wiederholte Supinationstraumata
  2. Stürze
  3. Durch Erhöhten Druck des Schuhs Reizung der Achillessehne (Achillodynie), anteriore (retromalleoläre bzw. retrokalkaneale) Bursitis und Haglundferse
  4. Verstauchungen
  5. Ausprägung eines Spreizfußes mit Krallenzehen
  6. Ermüdungsbrüche von Fußknochen, vor allem lateral
  7. konsekutive muskuläre Dysbalancenund Gelenkschäden weiter proximal, z.B. Rückenschmerzen und Bandscheibenschäden bei einseitigem Hohlfuß

Therapie

  1. Therapie der Ursachen
  2. Einlagen
  3. PT
  4. orthopädische Schuhe
  5. ggf. OP (Osteotomie, Verlegung von Sehnen, Intervention an der Plantarfaszie). Falls nötig: Arthrodese
  6. Prophylaxe: Barfußlaufen auf natürlichen, weichen Untergründen; Meiden von engen Schuhen und hohen Absätzen

Asana-Praxis und Bewegungstherapie

Der erworbene Hohlfuß ist häufig mit einer kompensatorischen Überspannung der Zehenextensoren verbunden, dann ist eine Dehnung dieser extrinsischen Muskeln mit entsprechenden Haltungen wie Hüftöffnung 5 oder baddha padasana notwendig. Das gilt umso eher, wenn bereits Klauenzehen oder Krallenzehen entstanden sind. Liegt eine Varusstelllung des Calcaneus vor, muß auf eine Schwächung der Fibularisgruppe geprüft und diese trainiert werden, wobei zwischen dem Fibularis longus und den anderen Muskeln der Fibularisgruppe unterschieden werden muß, siehe unten. Dazu eignen sich insbesondere alle Stehhaltungen mit Balancecharakter, bei der mit dem lateralen Teil des Zügelsystems des Fußgelenks der Großzehengrundgelenkbereich auf den Boden gedrückt werden muß, so z.B. in parivrtta trikonasana. Einen Sonderfall stellt der Fibularis longus mit seiner über die Fußsohle nach medial ziehenden Ansatzsehne dar, der bei Hypertonus den Vorfuß zu stark nach plantar ziehen kann, wenn der Tibialis anterior keine adäquate Gegenkraft aufbietet. Übungen zur Harmonisierung des Zügelsystems des Fußgelenks sind hier indiziert, wie in anderen Fällen auch, vor allem solche mit dem Becken zu dem einem nach vorn zeigenden Fuß gedreht wie etwa in parivrtta trikonasana.

Die Spannung der aktiven und passiven Zuggurtung des Fußlängsgewölbes muß herabgesetzt werden, damit die Höhlung des Fußes und die Überlastung des Vorfußes reduziert werden kann. Dazu eignen sich Dehnungen mit einer quer zur Fußlängsrichtung verwendeten Faszienrolle, aber auch die Haltungen mit auf der Wand nach oben gebogenen Zehen bei auf dem Boden stehender Fußsohle, die die längsgerichteten intrinsischen Zehenflexoren dehnen.

Weiter muß auf eine Reizung der Achillessehne ( Achillodynie), eine lokale Bursitis und das Vorhandensein einer Haglund-Ferse geprüft und ggf. therapeutisch interveniert werden. Grundsätzlich wäre auch die Funktion der Außenbänder des Fußgelenks zu prüfen, ggf. wäre mit Einlagen zu versorgen. Auch kann die Steilstellung des Calcaneus (distal zur Dorsalseite des Fußes) zu einem knöchernen Impingement im OSG mit Neigung zur Sprunggelenkarthrose führen. Diese Neigung kann auch daher rühren, daß die Varusstellung des Calcaneus den Talus kippt, was die Gelenkflächen im OSG ungleich belastet, also medial überlastet. Die hohe Spannung auf der Plantarfaszie bei Hohlfuß kann auch zu einer Plantarfasziitis führen, die im gleichen Sinne wie der Hohlfuß selbst dehnend versorgt werden will.

Ebenfalls muß der chronisch überlastete Vorfuß darauf geprüft werden, ob bereits ein Spreizfuß oder gar ein Hallux valgus entstanden ist. Außerdem muß anamnestisch geklärt werden, ob die Varusstellung des Calcaneus Supinationstraumata verursacht hat und falls, in welchem Zustand der laterale Bandapparat ist. Mögliche Torsionen im OSG durch die Varusfehlstellung des Calcaneus können auch zu einer Rotation des Fußes gegenüber der Tibia und verändertem Gangbild führen. Zuletzt muß das laterale Kniegelenk auf Meniskusschäden geprüft werden, die ggf. durch die Varusfehlstellung des Calcaneus entstanden sein könnten.

In den Asanas muß darauf geachtet werden, einer vorhandenen Varusstellung des Calcaneus entgegenzuwirken, so gut es möglich ist. Dabei kann die Fibularisgruppe helfen, aber auch die Adduktoren, die in Stehhaltungen mit parallelen Füßen wie tadasana und prasarita padottanasana die Füße zueinander hin zuschieben versuchen. Dadurch wird eine Gegenkraft (bzw. ein valgisierendes Moment) im Subtalargelenk erzeugt.