pathologie: stressfraktur – ermüdungsbruch

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Stressfraktur (Marschfraktur, Ermüdungsbruch, Ermüdungsfraktur)

Definition

Die Stressfraktur ist ein Knochen betreffendes Overuse-Syndrom, meist sind Mittelfußknochen betroffen, Os metatarsale II am häufigsten, ansonsten können vor allem bei Sportlern sportartspezifisch auch andere Knochen betroffen sein. Erstbeschreibung als Marschfraktur 1855 durch den Militärarzt Breithaupt. Außerhalb des Militärs sind heute meist Freizeit- und Profisportler betroffen, W:M bis 10:1. Altersgipfel bei Kindern und Jugendlichen in der Wachstumsphase und zusätzlich bei Freizeitsportlern, die mit Sport beginnen oder wiederbeginnen ab dem 40 Lj. In 85 % ist die untere Extremität betroffen. Bei den Knochen unterscheidet man zwischen Hochrisiko- und Niedrigrisiko-Lokalisationen. Zu den Hochrisiko-Lokalisationen gehören: Oberschenkelhals, Talus, ventrale Tibia am medialen Melleolus, Os Naviculare, Os Metatarsale I, II und V. Ist einer dieser Knochen betroffen, kann eine Immobilisation erforderlich sein, eventuell auch eine OP. Derzeit wird diskutiert, ob NSAR die Heilung verzögern.

Bei Knochenmarködemen ohne Stressfraktur hingegen können NSAR gegeben werden. Bei Niedrigrisiko-Lokalisationen kann mit belastungsärmeren Sportarten fortgefahren werden, ggf auch leichtes Athletiktraining. Ein atraumatisches Bone Bruise muß differentialdiagnostisch abgeklärt werden. Neben diese Formen gibt es auch die Schipperkrankheit/Schipperfraktur (Bruch meist eines HW-Dornfortsatzes) und die Hustenfraktur. Ätiologisch überfordert anhaltende (häufig iterierte) Überlastung das Remodeling der Knochen (Ab- und Aufbau). Kleine Risse im Innern des Knochens, die bei Stopp der Belastung heilen, können hier nicht mehr heilen, und Mikrorisse bis zum Periost entstehen. Bricht ein Knochen durch normale, moderate Alltagsbelastung, handelt es sich nicht um eine Stresssfraktur, sondern um eine Insuffizienzfraktur. Das Ausbleiben der Mensis bei jungen ambitionierten Sportlerinnen ist ein Indiz für ein erhöhtes Frakturrisiko.

Die Vorstufe von Stressfrakturen sind Stressreaktionen des Knochens, bei der es noch zu keinem nachweisbaren Bruch gekommen sind, diese sind mit üblichen Mitteln allerdings häufig nicht nachweisbar. Hormonelle Daten können Aufschluss über eine möglicherweise vorliegende Stressreaktion oder die Neigung dazu geben, wobei osteogene Hormone im Vordergrund stehen. Zusätzlich werden Knochendichtemessungen ausgewertet. Abhängig von Intensität und Umfang des Trainings können Stressreaktionen allerdings auch bei unverdächtigen hormonellen Konstellationen auftreten. Im Gegensatz zu traumatischen Frakturen weisen Stressfrakturen nur selten eine komplette Kontinuitätsunterbrechung des Knochens auf. Auch treten Schmerzen meist bereits vor dem eigentlichen Bruchgeschehen auf. Statt exakter Bruchlinien sind zumeist Defektzonen zu erkennen, die morphologisch eher einer Osteonekrose entsprechen. Wie lange es dann dauert von den ersten Beschwerden bis zur Schmerz bedingten Unfähigkeit zur Belastung, und welche Auslöser dazu noch notwendig sind, kann schwer vorhergesagt werden. Auch in Abhängigkeit von Intensität und Umfang des Trainings kann es sich dabei um Stunden oder Monate handeln. Schwellungen des Periost sind zwar typisch können aber auch fehlen. Der Schmerz kann sich sowohl einschleichen als auch spontan auftreten, im Falle des Bruchs verstärkt er sich schlagartig.

Nicht selten wird statt der Stressfraktur fälschlicherweise eine Periostitis, Tendovaginitis oder einfach allgemein gesprochen eine Überlastungsreaktion diagnostiziert. Differentialdiagnostisch ebenfalls relevante Erkrankungen wie Osteosarkom, sklerosierende Osteomyelitis, Osteomalazie und Osteonekrose werden allerdings selten von Allgemeinmedizinern angenommen. Als beste Nachweismethode für Stressfrakturen und Stressreaktionen gilt das Szintigramm, mit welchem aus Gründen des Strahlenschutzes allerdings korrekterweise sparsam umgegangen wird. Das für das Verheilen traumatischer Brüche relevante Kriterium der korrekten Position der Frakturstücke ist bei Ermüdungsbrüchen ohne kompletten Durchriss gesetzmäßiger Weise gegeben. Das Training muss zumindest in angemessener Weise reduziert werden, Alltagsbelastungen sollten jedoch normal möglich sein. Eine operative Versorgung ist in der Regel nicht nötig, Immobilisierung ist wegen der Gefahr von Muskeldystrophien und daraus resultierenden muskulären Dysbalancen, wie auch den drohenden Schäden an Gelenken und Knochen nicht angezeigt. Ist es zu einer Stressreaktion oder einer Stressfaktur gekommen, müssen Trainingsumfang, -Art und -Intensität, sowie die verwendeten Materialien, die Regenerationszeiten und die relevanten Teile des Bewegungsapparates auf dem Prüfstand.

Ursache

  1. Overuse

Prädisponierend

– Verhalten

  1. inadäquates Schuhwerk, harter Untergrund, mangelnde Dämpfung des Schuwerks
  2. inadäquates Steigerung des Trainings (v.a. in Sport, Laufen, Wandern, Marschieren)
  3. Ernährungsmängel, verminderte Calcium- oder Vitamin-D-Aufnahme
  4. Basketballer: Kalkaneus, Patella, Femur, Becken
  5. Läufer, vor allem Langläufer: Unterschenkel, Mittelfuß
  6. Sprungsportarten: Os naviculare, Femur, Becken
  7. Racket Sports wie Tennis (neben der unteren Extremität auch das Olecranon)
  8. Mangelnde Adaption an die Anforderung: Beginner im Sport, Rekruten
  9. Anfängliches oder unregelmäßiges Training, was zu einem Mißverhältnis von Muskelkraft und ossörer Belastbarkeit führt

Bewegungsapparat

  1. Fehlstellungen und Deformitäten
  2. Osteoporose und andere Knochenerkrankungen

– disponierende Erkrankungen

  1. endokrinologisch

– andere Faktoren

  1. Übergewicht/Gewichtszunahme
  2. verringerte Östrogenkonzentrationen durch Zyklusstörung oder Diät

Diagnose

  1. Häufig reichen Klinik und Anamnese zur Diagnosestellung aus
  2. Röntgen in 2 Ebenen; MRT zeigt schon vor der Fraktur der Kortikalis das Knochenmarködem, indiziert Trainingsstopp und minimiert damit Ausfall von Trainingszeit. Die aufgetretene Fraktur ist meist eher mittig des Knochens, nicht gelenknah. Der frische nicht dislozierte, nicht fragmentierte Bruch kann im Röntgen unauffällig bleiben und erst nach Tagen oder wenigen Wochen durch Entkalkung sichtbar werden.
  3. Eine Knochenszintigrafie weist ebenfalls nach, wird aber wegen der radioaktiven Belastung wenn möglich vermieden. Díe MRT sichert den Nachweis der Fraktur und erlaubt eine Prognose zur Wiederbelastbarkeit.
  4. Ein in der MRT sichtbares Knochenhautödem kann ein Frühsymtom einer sich anbahnenden Stressfraktur sein

Symptome

  1. langsam zunehmende dumpfe, später bis zu stechende Schmerzen im Mittelfuß
  2. reduzierte Belastbarkeit des Fußes insbesondere beim Abrollen, reduzierte Gehstrecke
  3. lokaler Druckschmerz
  4. Schwellung
  5. Lokale Entzündungszeichen können ein Frühsymptom einer sich anbahnenden Stressfraktur sein

Komplikationen

  1. deutliche Rezidivneigung
  2. Rückfall bei vorzeitigem Belastungsversuch mit Folge verzögerter Ausheilung

Therapie

  1. Sofortige Entlastung und Ruhigstellung
  2. Orthese
  3. Analgetika (NSAR), wenn erforderlich
  4. Meist kann nach 6-8 Wochen mit langsamem Belastungsaufbau begonnen werden, volle Belastbarkeit meist nach 4 -6 Monaten
  5. Bei Wiederaufnahme des sportlichen Trainings: Überprüfung auf orthopädische Auffälligkeiten, Technikmängel, Materialmängel, Trainingsprogramm und -pensum. Die Wiederaufnahme des Training muß schmerzfrei sein, sonst ist die Heilung noch nicht abgeschlossen, das Training darf nicht zu offensiv wiederaufgenommen werden.
  6. Brüche von Tibia und Fibula erfordern Gehhilfen zur Entlastung
  7. Für Sportler: temporärer Umstieg auf entlastende Sportarten, je nach Fraktur etwa Radfahren, Kraftraining