yogabuch / pathologie / bizepssehnen-tendinitis
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Definition
In der Regel entzündliche Reizung der langen Bizeps(ursprungs)sehne im Bereich des Sulcus intertubercularis zwischen den beiden Tuberkeln (Tuberculum majus und Tuberculum minus) des Humeruskopfes.
Man unterscheidet eine primäre Form, die auf einer Veränderung des
Sulcus intertubercularis oder auch des Lig. transversum zurückzuführen ist, und eine sekundäre Form, die im Rahmen anderer Störungen entsteht wie Rotatorenmanschettenläsionen oder Pulley-Läsionen. Dabei entstehen reibungsbedingte Schäden und Subluxationen der langen Bizepssehne.
Hypertrophiert die Sehne im Gelenk, so kann sie sich bei Kontraktion des Bizeps zur Frontalabduktion im Sulcus intertubercularis einzuklemmen neigen, was ein Frontalabduktions-Defizit mit sich zieht, meist in der Größenordnung von 10°-20°. Rupturen der Sehne kommen selten isoliert vor, meist sind weitere Strukturen geschädigt, °°es muß dann unbedingt auf eine Rotatorenmanschettenläsion untersucht werden. Die Ruptur der Sehne führt zum Popeye-Sign.
Es wird diskutiert, inwiefern die lange Bizepssehne im Falle einer Rotatorenmanschettenläsion vermehrt zur Stabilisierung des Schultergelenks beiträgt. Möglicherweise tut sie dies, reaktiv kommt es aber dann häufig zu einer Tendinopathie der langen Bizepssehne. Andersherum kann eine instabile Bizepssehne, insbesondere bei Pulley-Läsion, durch wiederholte Subluxationen die Sehnen der Muskeln der Rotatorenmanschette schädigen. Bei den Rotatorenmanschettenläsionen muss zwischen traumatischer Genese mit folgender Retraktion der Sehnenstümpfe und degenerativer Genese unterschieden werden. Im traumatischen Fall ist es wichtig, möglichst schnell zu intervenieren und die Sehnenstümpfe wieder zusammenzuführen. Für Teilruptiuren der Ansatzszene des Supraspinatus oder Infraspinatus besteht eine OP Indikation ab 50% Schädigung. Beim Subscapularis sollten symptomatische Teilrupturen, die konservativ nicht hinreichend therapierbar sind, refixiert werden, insbesondere wenn sie das obere Drittel betreffen.
Schädigungen des Pulley-Systems können in aller Regel weder anterior beim Subscapularis noch posterior beim Supraspinatus hinreichend wiederhergestellt werden, weshalb sich eine Tenotomie oder Tenodese der langen Bizepssehne anbietet. Zur konservativen Therapie lässt sich zeigen, dass eine sechswöchige komplette Immobilisierung in Abduktionsstellung noch nicht zu einer längerfristigen Einsteifung des Gelenks führt, andererseits ist auch eine frühfunktionelle Rehabilitation nicht mit einer schlechteren Sehnenheilung verbunden. Passive Bewegungen sind etwa ab der vierten Woche möglich, aktive ab der 7. Woche. Ein Return to sport ist nicht vor Ablauf von vier bis sechs Monaten sinnvoll. Die meisten Tendinitiden und Partialrupturen der langen Bizepssehne sind traumatischer Genese. Komplette Rupturen nehmen ab dem 60 Lebensjahr zu, diese dürften in aller Regel Spontanrupturen des degenerierten Sehnengewebes sein. Dann liegen meist schon länger Beschwerden vor und zur Ruptur reicht eine inadäquate Belastung aus. Der stechende Schmerz nach der Ruptur legt sich und nach wenigen Tagen tritt Besserung ein, was die Symptomatik betrifft, und zusätzlich das Popeye sign. Wichtige Tests sind Speed-Test, O’Brien-Test und Yergason-Test. Ein Pathomechanismus dabei sind entzündliche oder mechanische Schädigungen, wobei letztere in der Regel zwischen Humeruskopf und Acromium in Überkopfpositionen des Arms stattfinden, ähnlich wie auch der Supraspinatus Schaden nimmt. Besteht irgendeine Art Schaden an der langen Bizepssehne, sollte auch die Rotatorenmanschette untersucht werden, wozu neben klinischer Testung eine MRT unternommen werden sollte. Nicht immer sind alle Schäden in der MRT zu sehen, sondern möglicherweise erst in einer Arthroskopie, was allerdings grundsätzlich keine diagnostische Arthroskopie indiziert.
Bei der Behandlung von Bizepssehnen-Tendinopathien wird zu Beginn auf jeden Fall konservativ vorgegangen, mit NSAR, Querfriktionen oder Iontophorese, sowie physiotherapeutischer Reposition der Sehne, falls nötig. Refixationen der Sehnen nach Ruptur sind grundsätzlich schwierig oder nicht möglich, da sich der Muskel braucht zu sehr retrahiert. SLAP-Läsionen jüngerer Menschen, die erfolglos konservativ therapiert wurden, können arthroskopisch mit Ankern fixiert werden. Bei Menschen ab 40 kann sich eher die Tenodese anbieten, die auch bei in Anspruchnahme von Überkopfbewegungen, insbesondere mit größerer Kinetik wie bei Überkopf- und Wurfsportlern angeraten sein kann. Slap-Läsionen Typ 1 erhalten meist ein arthroskopisches Debridement, bei Typ 2 sollte der Anker fixiert werden, wenn er sich Anker vom Labrum gelöst hat. Typ 3 und 4 werden meist mit Refixation der Sehne, Tenodese oder Tenotomie versorgt. Tenodesen können Weichteilich durch Einflechten in das Rotatorenintervall geschehen, epiossärr oder intraossär. Tenodesen und Tenotomien sind in aller Regel schnell gemacht und unproblematisch, auch in der Nachversorgung, und erfordern keine Ruhigstellung. Dafür verbleibt jedoch das Popeye sign. Distale Bizepsrupturen müssen in der Regel operativ versorgt werden, da damit eine ausgeprägte Kraftminderung verbunden ist, etwa 30 bis 40% für die Flexion des Ellbogengelenks und 50% für die Supination des Unterarms. Meist wird die Seele mit Schrauben fixiert, was spätestens vier Wochen nach Ruptur erfolgt sein sollte.
Ursache
- meist Folge von chronischem Overuse (zu schweres Heben oder Tragen, inadäquates Training), oder plötzlicher Überbelastung
- Verschleiß (Degeneration durch Fehlbelastung oder Überlastung, meist ab dem 50. Lj.) Fehlstellungen des Schultergelenks
- sehnenschädigende Medikamente (z.B. Gyrasehemmer) und Erkrankungen
Prädisponierend
- subakromiales Impingement-Syndrom
- Frozen Shoulder (Akutphase)
- RA
- Cortison-Therapie
- häufige Überkopfarbeiten
- das Schultergelenks belastende Sportarten wie Speerwerfen
- (ähnliche Faktoren wie bei SLAP-Läsion)
- Schäden am Pulley-Komplex (Pulley-Läsion)
Diagnose
- Sono zeigt Verdickungen und Flüssigkeitsansammlungen (Ödeme) um die aufgetriebene Urpsungssehne des Bizeps, Caput longum.
Liegt die Sehne teilweise dem Rand des Sulcus intertubercularis auf oder ist luxiert, so muß auf eine Pulley-Läsion oder einen Riß der Subscapularissehne untersucht werden. Liegt eine komplette Ruptur vor, so findet sich sonographisch eine Kontinuitätsunterbrechung oder sogar ein leerer Sulcus intertubercularis. - Röntgen kann ggf. Verkalkungen der Sehne zeigen, eine Unterbrechung der Kalkbahn weist auf eine Sehnenruptur hin
- MRT
- Palpatorisch Druckschmerzhaftigkeit und ggf. Schwellung über dem Sulcus intertubercularis
- Tests und Zeichen: Speed-Test, Palm up-Test, Yergason
Symptome
- dumpfe, bis teils auch stechende Schmerzen, am ventralen Humerus, eher tiefer lokalisiert bei Frontalabduktion, Lateralabduktion, Retroversion und auch Endoroation sowie nachrangig bei Beugung des Ellbogengelenks, die entlang des Verlaufs der Ursprungssehne des langen Kopfs des Bizeps ziehen. Auch Brennen wird beschrieben.
- Ggf. Schmerzausstrahlung in Richtung Unterarm
- schmerzbedingte Krafteinschränkung Spannungsschmerz, Druckschmerzhaftigkeit in bzw. über der betroffenen Sehne
- Seltener: Springen, Schnappen, Knacken
Therapie
- Die Therapie erfolgt in der Regel konservativ, eine Heilung kann in leichten Fällen bei konsequenter Schonung in 5 – 14 Tagen erfolgen, aber auch Wochen bis Monate dauern.
- bei der sekundären Form: Therapie der Ursachen, das bedeutet oft Training des Rotatorenmanschette und der trunkoscapulären Muskulatur
- Antiphlogistika, Iontophorese
- Infiltrationen (Traumeel/Zeel)
- Autologes conditioniertes Plasma
- physikalische Therapie: Ultraschall, Kryotherapie, Stoßwellentherapie
- Osteopathie
- Dehnungstraining
- PT: Querfriktionen, Längsfriktionen, Taping
- Bei Ursache Overuse: Belastungsreduktion
- Bei strukturell stark beschädigter Sehne Tenotomie mit Befestigung im Sulcus oder Nahtanker (Tenodese), dann frühfunktionelle Rehabilitation
- Armbelastender Sport erst nach Abheilen
DD
- Impingement-Syndrom der Schulter (subakromiales Impingement)
Komplikationen
- Neigung zu Chronifizierung
- durch längeren Verlauf kann die Bizepssehne strukturell derart geschwächt werden, daß es zur Sehnenruptur kommt. Die Sehnenruptur kann sich vor allem durch Schmerzreduktion bemerkbar machen, weniger in Kraftverlust, da die lange gegenüber der kurzen Sehne nur ca. 10-15% der Last trägt. Dann zeigt sich das Popeye-Sign, ein nach distal verlagerter langer Kopf. Bei einem distalen Sehnenabriss würde sich das umgekehrte Popeye-Sign zeigen (beide Köpfe nach proximal verlagert)
- Eine gerissene lange Bizeps(ursprungs)sehne gilt als nicht zu nähen bzw. zu refixieren
Asana-Praxis und Bewegungstherapie
Die erste wichtige Maßnahme ist die Belastungsreduktion. Schweres Tragen und Heben sowie schwere Frontalabduktionen sind in der entzüdlichen Akutphase kontraindiziert, genauso wie auf der anderen Seite eine Immobilisierung des Schultergelenks. Bewegungen mögen nicht schwerzfrei sein, jedoch muß – gerade im Falle des Schultergelenks – die Mobilität erhalten und die Schmierung der Knorpel gewährleistet bleiben. Grundsätzlich sollte geprüft werden, wie hoch die Spannung und wie gut die Beweglichkeit des Bizeps sind. Auch über dessen Dehnung kann ein wesentlicher Beitrag zur Entlastung der Sehne kommen. Muskuläre Dysbalancen im Bereich der Schulter müssen aufgearbeitet werden. Nicht selten fehlt es vor allem an Kraft der dorsalen Muskeln des Schultergelenks. Ebenfalls positiven Einfluß soll die verbesserte Aufrichtung des Brustkorbs haben, also eine verminderte Neigung zur Hyperkyphose der BWS wie auch eine geringere Neigung zur Protraktion der Schulterblätter.
Asanas
- Asanas in 602: Kräftigung der autochthonen Rückenmuskulatur
- Asanas in 311: Dehnung des Bizeps
- Asanas in 272: Kräftigung der Exorotatoren des Schultergelenks
- Asanas in 671: Dehnung des Rectus abdominis
- Asanas in 676: Dehnung der schrägen Bauchmuskeln
- Asanas in 307: Kräftigung des biartikulären Trizeps
- Asanas in 227: Kräftigung der Retraktoren des Schulterblatts