pathologie: kyphose/hyperkyphose

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Kyphose/Hyperkyphose (Rundrücken, Buckel, Gibbus)

Definition

physiologisch ist ein gewisses Maß an Kyphose in der BWS und im os sacrum gegeben, gemeint ist hier eine Hyperkyphosierung, also ein Rundrücken, meist der BWS, bei starker Ausprägung auch Buckel genannt. Eine Krümmung der BWS von über 40° gilt als pathologisch. Man unterscheidet nach Struktur:

  1. Funktionelle Kyphose: wird meist kompensatorisch zu anderen Fehlstellungen der WS eingenommen, ist aber ausgleichbar
  2. Fixierte/Strukturelle Kyphose: ist aufgrund von knöchernen Veränderungen der Wirbelkörper nicht mehr ausgleichbar

und nach Form:

  1. Arkuäre Kyphose: bogenförmig, viele WS-Segmente überspannend
  2. Anguläre Kyphose: winkelförmige, nur ein oder zwei Segmente betreffende, meist traumatisch, entzündlich oder tumorös bedingt

ICD M40 ff und andere

Ursache

  1. kongenital durch Wirbel-Fehlbildungen wie Blockwirbel (zusamengewachsen) und Halbwirbel (im seitlichen Profil dreieckig, also ventral oder dorsal ohne Höhe)
  2. Sinterungsbrüche bei Osteoporose mit Folge von Keilwirbeln
  3. Osteomalazie
  4. Morbus Scheuermann (meist 12. – 17. Lj.)
  5. Morbus Bechterew
  6. WS-Tuberkulose
  7. Arthritiden
  8. WS-Traumata

Prädisponierend

– Verhalten

  1. Bewegungsmangel
  2. sitzende Tätigkeit
  3. die Haltung beeinflussende psychische Faktoren wie Schüchternheit, Depressivität

Bewegungsapparat

  1. Schwäche der Rückenmuskulatur, verminderte Stabilität

Diagnose

  1. Bestimmung des Cobb-Winkels (den hatte Cobb eigentlich in der Frontalebene zur Messung der Skoliose erfunden: Winkel zwischen der Normalen der Deckplatte eines weiter kaudalen und der Grundplatte eines weitere kaudalen Wirbels, meist Stagnara-Winkel zwischen TH4 und TH12)
  2. Blickdiagnostik

Symptome

  1. i.d.R. symptomfrei bis -arm
  2. auf Dauer verstärkte Neigung zu Protrusio und Prolaps in LWS und HWS
  3. ggf. erschwerte oder eingeschränkte Inspiration
  4. Abnahme der Körpergröße
  5. ggf. eingeschränkte Schulterbeweglichkeit
  6. ggf. Rücken- oder Nackenschmerzen
  7. Schonhaltung, da oft Bewegung verschlimmert
  8. ggf. Schmerzausstrahlung in die Extremitäten
  9. ggf. Schlafstörungen
  10. ggf. anhaltende Kopfschmerzen

Komplikationen

  1. Diskushernien mit radikulären Beschwerden
  2. Spinalkanalstenose
  3. Facettensyndrom
  4. Ausprägung kompensatorischer LWS-Hyperlordose
  5. Ausprägung zusätzlicher Scheuermann-Skoliose
  6. im Post-Scheuermann-Syndrom Neigung zu chronischen Rückenschmerzen
  7. erhöhte Risiken für SpondylArthrose und Diskushernien

Therapie

  1. spezifische Dehnungs- und Kräftigungsübungen zum Ausgleich der muskulären Dysbalancen
  2. Schulung des Haltungsbewußtseins
  3. KG
  4. Haltungsturnen
  5. OP-Indikationen:
  6. bei Keilwirbeln Auffüllen mit Knochenzement

Asana-Praxis und Bewegungstherapie

Die Therapie der funktionellen Hyperkyphose der BWS muß unbedingt die Struktur der LWS beachten. Ist dort eine Hyperlordose vorhanden, wird die Therapie der Hyperkyphose der BWS kaum langfristig erfolgreich sein, wenn nicht die lumbale Hyperlordose mitbehandelt wird. Die dortigen Gegebenheiten wie etwa häufig verkürzte Hüftbeuger und ggf. hypotone oder schwache Hüftextensoren, brauchen dann dringend Versorgung.

Die BWS selbst wird hautpsächlich durch zwei Maßnahmen verbessert: Förderung der Extensibilität und Förderung (Kräftigung) der extendierenden Muskulatur, also der Autochthonen Rückenmuskulatur. Ersteres kann hervorragend mit länger gehaltenen passiven Dehnungen erreicht werden, in denen die Schwerkraft eines Teilkörpergewichts die abgestützte oder nicht abgestützte BWS extendiert. In diese Kategorie fallen etwa die Hyperbel, die erhöhte Rückenausstreckung, die Schulteröffnung am Stuhl und das Liegen auf der Rolle. Die Kräftigung wird durch alle Haltungen erreicht, in denen die BWS aktiv mit der oder gegen die Schwerkraft extendiert wird. Die Schwerkraft spielt dabei keine überragende Rolle, eher die Beweglichkeitseinschränkungen anderer in die Haltung einbezogener Gelenke. In der salabhasana etwa arbeitet die Autochthone Rückenmuskulatur gegen die Schwerkraft eines größeren Teilkörpergewichts (Oberkörper mit Kopf und Armen auf der einen Seite, Becken und Beine auf der anderen Seite), das zumal in der Variante mit den Armen in Überkopfhaltung auch noch auf beiden Seiten, kranial und kaudal, einen großen wirksamen Hebelarm aufweist. Das gleiche gilt für die 3. Kriegerstellung und, in bezug auf das abgestützte Teilkörpergewichts für die rechtwinklige uttanasana. Auch in der Brücke (urdhva dhanurasana) wird, gegenüber den als Punctum fixum zu betrachtenden abstützenden Körperstrukturen, gegen die Schwerkraft extendiert, jedoch setzen zusätzlich die Gelenke Hüftgelenk und Schultergelenk der Bewegung in der Regel große Widerstände entgegen, so daß die Schwerkraft keinen überragenden Faktor mehr darstellt. In Haltungen wie der upavista konasana mit Klotz spielt die Schwerkraft eine noch geringere Rolle, und es sind nur noch die körperinternen ventralen muskulären Widerstände, gegen die gearbeitet wird.