pathologie: o-beine

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O-Beine (genu varum)

Definition

Neugeborene haben im Schnitt einen Varus-Winkel von 15°, mit 18 Monaten 0° und vom 2.-4. Lj. 12 Valgus, später dann 6° +/- 1°. O-Beine liegen bei mind. 180 ° zwischen Femur und Tibia vor, physiologisch sind ca. 174 °.

Mittlerweile zeigen Studien, daß einige Sportarten mit hoher Last in der unteren Extremität dazu neigen, O-Beine auszuprägen. Beim Fußball ist dies schon länger beobachtet worden, auch wenn lange Zeit dazu keine Studien existierten. Auch wenn Fußballer in der Regel kräftigere Gluteen als Adduktoren haben – immerhin müssen sie für eine gute Performance im Spiel Sprinterqualitäten besitzen und der Gluteus maximus trägt als Haupt-Kraftextensor des Hüftgelenks maßgeblich dazu bei – so sind die Adduktoren doch häufig recht kontrakt, was auch an der Schußtechnik mit dem Innenfuß liegt, die die Adduktoren in kurzer Sarkomerlänge hohe Leistung erbringen läßt, was ihren Tonus zunehmend steigert. Im Falle der monoartikulären Adduktoren ist dies noch recht unkritisch und bringt hauptsächlich eine Neigung zu Insertionstendopathien am Schambein hervor, im Falle des Gracilis hingegen entsteht neben der Neigung zum Pes-anserinus-Syndrom vor allem ein überhöhter Zug am Pes anserinus, der auf der Kniegelenk varisierend wirkt. Vor allem vor Abschluß der Wachstumsphase und Schluß der Epiphysenfugen dürfte das zur Ausbildung von O-Beinen beitragen.

ICD M21, E64, Q74

Ursache

– Verhalten

  1. Sportarten, die die Adduktoren stärker tonisieren als deren Antagonisten, z.B. Fußball

– Erkrankungen

  1. Tumore
  2. Entzündungen
  3. Rachitis (Vitamin-D-abhängig oder -resistent; renal)
  4. Poliomyelitis epidemica
  5. Hormonstörungen
  6. Tibia vara (M. Blount)
  7. Osteogenesis imperfecta
  8. Osteoporotische Knochenverformungen
  9. Lähmungen während des Wachstums

– traumatisch

  1. Traumen
  2. Frakturen

– Sonstige Faktoren

  1. Überlastung durch Übergewicht

Symptome

  1. mediale Knieschmerzen unter Belastung
  2. Morgentliche Anlaufschmerzen
  3. Schmerzen in den Sprunggelenken

Komplikationen

  1. Varusgonarthrose
  2. Notwendigkeit der Gelenkersatzes
  3. Sprunggelenkarthrose
  4. Knick-Senkfuß
  5. bei einseitigem O-Bein: Veränderungen der gesamten Körperstatik, Beckenschiefstand, Skoliose

Therapie

  1. infantil: Konservativ mit nächtlicher Schiene, sonst Tibia- und Fibulaosteotomie
  2. frühstmöglich, nach Genese, Alter, Ausmaß: von Einlagen und KG bis zu Osteotomie
  3. Üben der vermehrten Unterschenkelendorotation und Vorfußpronation und Bewegung

Asana-Praxis

Die bewegungstherapeutische Beeinflussung von Achsenfehlstellungen der Beine wird von den meisten Fachleuten im Erwachsenenalter als nicht gegeben betrachtet. In jüngeren Jahren, vor Abschluß des Wachstums muß sie hingegen gegeben sein, wie der Pathomechanismus im Falle des Fußballers nachweist. Dabei gilt vermutlich, je jünger der Patient, desto besser ist die Prognose konservativer, bewegungstherapeutischer Intervention. Dabei muß der mit dem Heranwachsen physiologischer Weise erfolgende Wechsel zwischen O-Beinen und X-Beinen beachtet werden. In späteren Jahren mag der bewegungstherapeutische Einfluß wohl als sehr gering betrachtet werden, jedoch ist vielleicht ein Einfluß auf die Progredienz, wenn nicht gar eine sehr langsame, aber stetige Verbesserung möglich. In Fällen, in denen eine Umstellungsosteotomie nicht indiziert ist, ein ungünstiger Einfluß auf Menisken und Knorpel aber grundsätzlich zu befürchten ist, sollte dieser Ansatz daher erwogen werden.

Beim Beispiel bleibend und der obigen Herleitung folgend muß für einen geringeren Zug am Innenknie gesorgt werden. Da ist zum einen der Gracilis zu nennen, der als biartikulärer Adduktor eine Sonderrolle einnimmt, zum anderen muß auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem inneren und dem äußeren Anteil der Ischiocruralen Gruppe, also Semimembranosus und Semitendinosus auf der einen und Bizeps femoris auf der anderen Seite gesorgt werden, die auch das Zügelsystem bilden, an denen der Unterschenkel rotiert. Wäre die Spannung der inneren Ischiocruralen Gruppe höher, würde auch wieder ein überhöhter, varisierender Zug am Innenknie entstehen. In diesem Falle sollte allerdings auch eine Neigung zu erkennen sein, in diesem Bein als gebeugtes Spielbein bei Flexion im Kniegelenk den Unterschenkel einzudrehen. In der Praxis ist allerdings das Gegenteil, eine unwillkürliche Exorotation des Unterschenkels im Kniegelenk, wesentlich häufiger zu sehen. Bei Dysbalancen im Zügelsystem ist es teils wichtig, auf welchem Niveau sie sich abspielen: je beweglicher die Ischiocrurale Gruppe insgesamt, desto später im Sinne zunehmender Flexion im Hüftgelenk beginnt der Unterschied in Tonus und Flexibilität Einfluß zu nehmen. Gerade beim Sprint jedoch werden die Hüftgelenke weit flektiert, so daß angesichts der zumeist eher recht verkürzten Ischiocruralen Gruppe von Fußballspielern und Fußballspielerinnen bereits vor dem Sprinttempo die Unterschiede zum Tragen kommen dürften. Da die Balance zwischen allen valgisierenden und varisierenden Kräften im Kniegelenk betrachtet werden muß, spielen auch die Muskeln eine Rolle, die über den Tractus iliotibialis ihre Kraft auf den Unterschenkel übertragen: Tensor fasciae latae und Gluteus maximus. Diese müssen den Zug der am Pes anserinus ansetzenden Muskeln mehr als aufwiegen, damit insgesamt eine valgisierende Kraft resultiert, die dem O-Bein entgegen wirkt.