yogabuch / pathologie / morbus osgood-schlatter
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Morbus Osgood-Schlatter / Rugby knee / Juvenile Osteochondrose
Definition
schmerzhafte Reizung der ossären Insertion des Lig. Patellae an der Tibia, ggf. mit Teilausriß und aseptischer Knochennekrose . Hier handelt es sich nicht um eine Insertionstendopathie, sondern um eine aseptische Osteochondrose/Osteonekrose wie auch im Falle Morbus Scheuermann, Morbus Perthes und Morbus Köhler. Betroffen sind v.a. männliche Jugendliche und Sportler, M:W 10:1, langsam angleichend, da zunehmend Mädchen intensiv Sport treiben, diese sind im Schnitt 1 – 2 Jahre früher betroffen. Typisches Alter W: 11-12, M: 13-14. 5-20% der Menschen, je nach sportlicher Aktivität: Sportliche Jugendliche sind 4:1 häufiger betroffen. Nur in 25% beidseitig. In aller Regel ist der Morbus Osgood-Schlatter ein Overuse-Syndrom, welches auf dem Boden einer genetischen Prädisposition entsteht. Er tritt bei 20% der sportlichen Jugendlichen auf, aber nur bei 5% der nichtsportlichen. Die Erkrankung ist selbstlimitierend, brennt also mit dem Ende der Wachstumsphase aus, möglicherweise mit verdickter Tuberositas tibiae.
Die Störung im Bereich der Tuberositas tibiae mit sekundären Veränderungen an der Apophyse des Ansatzes des Lig. patellae steht im Verhältnis zu Wachstumsschüben der Tibia und vor allem der distalen Epiphyse des Femur sowie Sportarten, die die betroffene Muskulatur besonders fordern, etwa Ballsportarten mit Schuss- und Stopp-Bewegungen wie Fußball. Sich bildende und persistierende Ossikel können auf Dauer schmerzhaft bleiben und sollten entfernt werden. Schonung bzw. ein Aussetzen der sportlichen Betätigungen – soweit sie die Kniegelenk belasten – sowie eine Befundung des Bewegungsapparates mit Hinblick auf muskuläre Dysbalancen ist dann geboten.
Die ähnliche und an der selben Stelle im Erwachsenenalter durch meist durch sportliche Tätigkeiten auftretenden Störung wird als Rugby-Knee bezeichnet.
Sinding-Larsen-Johansson und Osgood-Schlatter
Der Morbus Osgood-Schlatter ist eine Traktionsapophysitis an der Tuberositas tibiae. Repetitive höhere Belastungen durch Inanspruchnahme der Leistungsfähigkeit des Quadrizeps führen zu mehr oder weniger vollständigen Avulsionen, chronischen Entzündungen oder aseptischen Knochennekrose. Die Möglichkeit einer Epiphysolysis wird ebenfalls diskutiert. Die Störung prägt sich vor allem während des Wachstumsschubes zwischen 8 und 15 Jahren aus und betrifft Jungen etwas häufiger als Mädchen. Verkürzungen des Quadrizeps stellen durch die höhere Traktion eine Prädisposition dar. Entwickelt sich eine vergleichbare Störung nach Abschluss des Wachstums, wird dies als Rugby knee bezeichnet und folgt gleicher Verursachung aber einer etwas anderen Ätiologie. Mit gleicher Ätiologie während des Wachstums findet sich eine analoge Störung am kaudalen Patellapol, der Morbus Sinding-Larson-Johannson. Auch hier findet sich eine identisch lokalisierte Störung nach Abschluss des Wachstums mit gleicher Verursachung aber etwas unterschiedlicher Ätiologie, die als Jumpers Knee bezeichnet wird. Bei beiden juvenilen Störungen treten die Beschwerden unter Belastung auf, teils aber auch erst danach. Der Nachbelastungsschmerz kann viele Tage lang anhalten und sich nur langsam ausschleichen. Die jeweilige betroffene Region ist deutlich druckschmerzhaft, so dass beim Osgood-Schlatter das Knien schmerzhaft bis schmerzbedingt unmöglich ist. In vielen Fällen findet sich in der klinischen Testung ein verkürzter Rectus femoris, dessen Spannung ätiologisch mitentscheidend ist. Intensive Dehnung oder Kontraktion des Quadrizeps lösen den Schmerz aus oder verstärken ihn. Klinik und Anamnese erlauben normalerweise eine Diagnosestellung. Das Röntgen ist ohnehin nicht selten ohne Befund, kann aber beim Morbus Osgood Schlatter eine Fragmentation des Ansatzes zeigen und beim Morbus Sinding-Larson-Johansson eine pathognomonische Osteolyse. Differentialdiagnostisch müssen allerdings Neoplasien ausgeschlossen werden. Beim Morbus Sinding-Larsson-Johannsson müssen intraartikuläre Geschehen ausgeschlossen werden wie ein Plica-Syndrom, ein Hoffa-syndrom, Meniskusläsionen oder die Osteochondrosis dissecans. Die Therapie erfolgt in beiden Fällen bis auf weiteres konservativ, auch wenn die Heilung länger dauern kann. Die wichtigste Maßnahmen ist, den verursachenden Zug zu reduzieren, was einerseits einer Ruhigstellung bedeutet, andererseits therapeutisch wie rezidivprophylaktisch der Dehnung. Eine zu lange Ruhigstellung kann allerdings sowohl zu Muskelatrophie als auch zu Muskelverkürzung führen, da sie in kurzer Sarkomerlänge des Quadrizeps erfolgen muss. Sobald vertretbar, sollte der Patient auch in Eigeninitiative zu Hause Kräftigung und Dehnung betreiben. Sport wird nach Diagnosestellung für mindestens einen Monat ausgesetzt. Verbleiben danach bestenfalls moderate Schmerzen, kann er wieder eingeschlichen werden. Auch wenn die Störung mit Abschluss der Wachstumsphase ausheilen sollte, verbleiben doch in vielen Fällen Schmerzen beim Knien. Eine operative Therapie empfiehlt sich nur bei Ossikeln.
ICD M92
Ursache
- vermutlich trainingsbedingte Überlastung bei genetisch Prädisposierten
Prädisponierend
- Springer und Sprinter
- Übergewicht
- Pubertät
Diagnose
- das Symptom reicht in typischen Fällen zur Diagnosestellung, sonst Röntgen, Sono, MRT. Im Präossifikationsstadium ist die Störung im Röntgen nicht sichtbar, dann ist die Diagnose per Röntgen sehr schwierig. Verknöchert der abgelöste Knorpel, erscheint er als Knochenfragment.
- schmerzhafte Kniestreckung gegen Widerstand
Symptome
- oft über Monate ventraler Knieschmerz über der Tuberositas tibiae bei und nach sportlicher Aktivität, insbes. beim Springen, Rennen, bei forcierter Kniebeugung
- Belastungs- und Druckschmerzhaftigkeit, Schmerzen beim Knien
- Besserung in Ruhe
- lokale Schwellung der Tuberositas tibiae
Komplikationen
- Bildung von resektionsbedürftigen Ossikeln (Knochenkörperchen innerhalb der Sehne)nach Abschluss der Wachstumphase
- selten: knöcherner Ausriß des Lig. patellae
Therapie
- in 90% konservativ therapierbar mit guter Prognose, wenn frühzeitig behandelt: je früher der Therapiebeginn, desto besser
- Schonung, falls nötig Orthese oder Gipshülse
- Kühlung, ätherische Öle, Tapes, Bandagen
- statisches Quadrizepstraining, Dehnung
- ggf. vorübergehender Wechsel der Sportart (zyklische Sportarten Radfahren, Schwimmen)
- ggf. Antiphlogistika
- ggf. Analgetika
- ggf. PT
- ggf. thrombozytenreiches Plasma
- KEINE Cortison-Infiltration!
- OP nur bei Versagen konservativer OP oder nach Abschluß der Wachstumsphase zur Abtragung der verdickten Tuberositas tibiae