pathologie: chronic low back pain CLBP – chronische lumbale Rückenschmerzen

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Definition

chronic low back pain CLBP ist definiert als Rückenschmerz zwischen den Rippen und dem Gesäß, der mindestens 12 Wochen oder 3 Monate anhält. Dabei kann die Intensität des Schmerzen von mild bis zu einer NRS 10 bei einem Lumbago reichen, wobei dessen chronische Formen meist etwas weniger intensiv verlaufen. Die Schmerzen können weitgehend konstant sein, sind aber häufiger Bewegungs- und belastungsabhängig. Auch der Verlauf über die Zeit ist variabel, schmerzärmere Phasen wechseln oft mit intensiveren Phasen ab.
Neben den Schmerzen liegt oft auch eine Rückensteifigkeit vor, vor allem morgens, die sich durch Bewegung meist bessert. Beweglichkeitseinschränkungen sind ebenfalls häufig begleitend. Häufig liegt im Bereich der autochthonen Rückenmuskulatur irgendwo ein schmerzhafter muskulärer Hypertonus vor.

CLBP hat in der letzten Dekade um 100% zugenommen und ist weitgehend von der Ethnie, beim weiblichen Geschlecht etwas augeprägter. Die Prävalenz ist höher bei geringerem Bildungsgrad, geringerem Einkommen und Rauchern. In den „zivilisierten Staaten“ sind die meisten Menschen zeitlebens mindestens einmal von CLBP betroffen. Weltweit ist CLBP im Schnitt die zweitwichtigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit und damit auch ein großes ökonomisches Problem. Daneben kann CLBP verschiedene Aspekte des Lebensausdrucks wie Arbeit, Sport, Freizeitaktivitäten und soziale Kontakte beeinträchtigen. CLBP kann sich abschwächen und später wiederaufflammen. Die Fähigkeit längere Zeit zu gehen, zu stehen, zu liegen oder eine gleiche Position innezuhalten kann beeinträchtigt sein.

Schmerzvermeidungsverhalten kann zu sekundären Störungen führen. Bei einigen Ursachen können Schmerzausstrahlungen insbesondere in die Poregion und in ein Bein oder beide Beine auftreten. Zu den ernsteren Ursachen für CLBP gehören folgende strukturelle Störungen:

  1. Cauda-equina-Syndrom
  2. Tumoren
  3. Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans)
  4. lumbale Spinalkanalstenosen, Neuroforamenstenosen
  5. lumbale Diskushernien (Bandscheibengeschehen)
  6. lumbale Wirbelkörperbrüche
  7. Spondylodiszitis
  8. Aortenaneurysmen

Spondylolyse und Spondylolisthesis gehören nicht unbedingt zu den Verursachern von CLBP, da sie häufig asymptomatisch sind.
Zur Abklärung der CLBP ist im Rahmen der Anamnese auch Psychosoziales erforderlich. Die Körperliche Untersuchung mit Funktionstests und Schmerzprovokationstests ist wichtig, daneben ggf. die Bildgebung, um schwerere strukturelle Geschehen auszuschließen.

Ein nennenswerter Teil der CLBP ist funktioneller Art, ohne daß in Bildgebung oder Labor Korrelate struktureller Veränderungen nachzuweisen wären. Allerdings können auch bereits geringergradige Veränderungen der Rückenmuskulatur smptomatischen werden, akut wie chronisch, wie die Multifidus-Dysfunktion zeigt, die vielen Fällen von CLBP verursachend oder mitverursachend zugrunde liegen dürfte.
Zu den im Vergleich zur obigen Liste in der Regel weniger schwerwiegenden strukturellen Geschehen gehören:

  1. Facettengelenkdysfunktionen
  2. ISG-Geschehen wie ISG-Blockade, Sakroileitis

Nierensteinleiden gehören weniger in den Bereich CLBP, da sie meist hochakut sind, Gallensteinleiden ebenfalls weniger, da sie eher nach ventral/kranial ausstrahlen. Zuweilen sind auch Menstruation oder insbesondere Schwangerschaft Ursache für Rückenbeschwerden. Gerade bei letzterer spielen die statischen Veränderungen des Körpers eine wichtige Rolle und führen nicht selten zu deutlichen funktionellen Beschwerden.

Passive oder medikamentöse Monotherapien sind selten erfolgreich. Eine erfolgreiche Therapie ist meist multidisziplinär und umfasst neben Physiotherapie auch Bewegungstherapie auch vom Patienten selbst regelmäßig ausgeführte Übungen, die hier sehr wertvoll sind. Der proaktive Patient steht bzgl. Outcome und Langzeitprognose wesentlich besser da.

Ursache

  1. Ursachen funktioneller Störungen
  2. Ursachen struktureller Störungen wie Morbus Scheuermann, Post-Scheuermann-Syndrom, Bandscheibenleiden, siehe oben

Prädisponierend

  1. Alter (die Inzidenz nimmt mit dem Alter zu)
  2. BMI (wenn dieser nicht auf einer großen Muskelmasse beruht)
  3. Mängel der Lebensführung wie Rauchen, Alkoholkonsum, Bewegungsmangel, Mangel an Trainingsreizen
  4. Tätigkeiten wie wiederholtes/häufiges Heben und längere/häufigere Haltungen mit rundem Rücken
  5. verschiedene Sportarten
  6. Mental health conditions, insbes. Depression

Diagnose

  1. Röntgen (Wirbelsäule), MRT
  2. EMG
  3. Blutlabor für Neigung zu Nierensteinleiden und Bechterew

Symptome

  1. Rückenschmerzen zwischen Rippen und Gesäß, oft belastungsabhängig und haltungsabhängig, nicht notwendigerweise über die Zeit konstant, sondern häufiger von welchselnder Intensität
  2. muskuläre lumbale Rückensteifigkeit, die sich bei Bewegung bessert
  3. Beweglichkeitseinschränkungen, vor allem lumbal

Komplikationen

  1. ggf. Komplikation der Grunderkrankung

Therapie

  1. bei funktionellen Störungen: Schonung, wenn nötig NSAR, Bewegungstherapie
  2. übermäßige Schonung und Bewegungsarmut vermeiden
  3. bei traumatischen Auslösern Abklärung und adäquate Versorgung
  4. nur wenn nötig: Muskelralaxantien
  5. PT, vor allem KGG. Osteopathie
  6. bewegungstherapeutische Rezidivprophylaxe, Verhaltenstraining/Ergotherapie

DD

Externe Links

  1. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9964474
  2. https://www.physio-pedia.com/Chronic_Low_Back_Pain

Asana-Praxis und Bewegungstherapie

Chronic lower backpain kann viele Ursachen haben, darunter auch strukturelle Störungen im Lumbalbereich. Diese erfordern gegebenenfalls ein anderes Herangehen als rein funktionale Störungen, welche häufig auf muskulären Dysbalancen oder unzureichend kräftiger Muskulatur beruhen. In vielen Fällen funktionaler Störungen dürfte eine Multifidus-Dysfunktion ursächlich beteiligt sein. Liegt eine Skoliose vor, z.B. wegen eines Beckenschiefstands, werden die Muskeln beider Seiten des Körpers in verschiedenen Bereichen unterschiedlich kräftig sein und unter unterschiedlich hohem Tonus stehen. Auch die Flexibilität wird unterschiedlich ausgeprägt sein. Neben der Therapie der Ursache, also etwa einer anatomischen Beinlängendifferenz oder einer funktionalen Beinlängendifferenz gilt es, die Muskulatur in einen besseren Zustand zu versetzen, so dass der Tonus keines Muskels zu hoch, und die Kraftausdauer aller Muskeln hinreichend ist. Bei der Wahl und Ausführung der Kräftigungsübungen ist zu bedenken, dass in den meisten Fällen die Kraftausdauer der wesentlich wichtigere Faktor gegenüber der Maximalkraft ist. Skoliosen zeigen häufig in Lateralflektionen der Wirbelsäule einen deutlichen Unterschied der Körpersilhouette beider Seiten. Liegt also etwa eine linkskonvexe LWS-Skoliose mit rechtskonvexer BWS-Skoliose vor, so ist zu erwarten, dass die Lateralflektion im Lumbalbereich nach links wesentlich schwieriger ist, im BWS-Bereich aber nach links wesentlich ausgeprägter erfolgt. Diese Störungen profitieren am meisten von einer individuell angepassten Therapie, die die Bereiche der Wirbelsäule unterschiedlich anspricht, wie etwa die Schroth-Therapie. Aber bereits eine allgemeine isometrische Kräftigung der lateralflekorischen Muskulatur bei 0 Grad Lateralflexion kann sich klinisch sehr positiv bemerkbar machen, da dabei sowohl ein überhöhter Tonus heruntergesetzt als auch unterentwickelte Muskulatur gekräftigt wird. Neben der beschriebenen Formanomalie der Wirbelsäule in der Frontalebene führen auch Abweichungen in der Sagittalebene häufig zu chronischen Beschwerden im Lumbalbereich. Erworbene Schäden an der Wirbelsäule, etwa durch einen Morbus Scheuermann oder Morbus Bechterew, disponieren sehr deutlich zu Beschwerden, im ersten Fall treten sie vermehrt etwa ab dem 30. Lebensjahr auf, was als Post-Scheuermann-Syndrom bezeichnet wird und beim Typ 2 ausgeprägter als beim Typ 1 manifestiert, beim Morbus Bechterew kann von der ISG-Region aus nach kanial der ganze Rücken betroffen sein, und es muss gegebenenfalls sogar mit Schmerzmedikation die Neigung zur kontakten Hyperkyphose der Brustwirbelsäule bewegungstherapeutisch unterdrückt werden. Dazu braucht es viel wirbelsäulenextensorisches Training, sowohl passives Dehnungstraining als auch Kräftigung der extensorischen Funktion der autochthonen Rückenmuskulatur. Auch beim Morbus Scheuermann können Hyperlordosen oder Steilstellungen der Lendenwirbelsäule zu deutlichen Beschwerden führen, vor allem letztere durch einen Hypertonus der lumbalen Muskulatur wegen eines Hohlkreuzes. Ist der iliopsoas hier als verkürzter Muskel ursächlich beteiligt das Becken nach vorne gekippt zu halten, so muss diese Flexibilitätseinschränkung aufgearbeitet werden.

Der Iliopsoas ist ein gutes Beispiel dafür, dass das Hüftgelenk überziehende Muskulatur eine Auswirkung auf den Rumpf und insbesondere den Bereich der Lendenwirbelsäule haben kann. So muss natürlich auch geprüft werden, ob die Hüftextensoren hinreichend kräftig sind und unter keinem zu hohen Tonus stehen.
Ein Großteil der funktionalen Beschwerden dürfte in der autotonen Rückenmuskulatur selbst oder zuweilen auch dem benachbarten Quadratus lumborum lokalisieren. In den meisten dieser Fälle ist ein auf Kraftausdauer angelegtes Kräftigungstraining erforderlich. Gleichzeitig kann häufig eine Reduzierung überhöhter Spannung eine deutliche Linderung der Beschwerden bringen. Dabei ist zu beachten, dass ein Großteil der autochthonen Muskulatur nicht nur die extensorische Funktion der Wirbelsäule bedient, sondern mindestens eine weitere Bewegungsdimension, so dass Kombinationsbewegungen sich als die erfolgreicheren erweisen werden, vor allem Kombinationen aus Flexion und Rotation.

Treten Schmerzausstrahlungen über die Region der Lendenwirbelsäule hinaus in Richtung der Beine auf, so weist dies in der Regel auf eine abklärungsbedürftige und möglicherweise strukturelle Störung hin.
Die Entstehung dieser Art Schmerzphänomene hat häufig disponierende Faktoren im Bereich der Körperhaltung, teilweise auch der Bewegung, allem voran Sitzen mit konvex gekrümmter Lendenwirbelsäule, wie auch tragende, haltende oder hebende Bewegungen mit gekrümmtem Rücken.