yogabuch / pathologie / trochanter-major-syndrom GTPS
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Trochanter-Major-Syndrom / Greater Trochanteric Pain Syndrom (GTPS) / Trochanter-Tendinose / Glutealsehnen-Tendinopathie
Definition
Das Trochanter-major-Syndrom ist ein Symptomenkreis verschiedener Störungen im Bereich des Trochanter major. Dazu zählen: Bursitis trochanterica, die die drei Schleimbeutel Bursa subgluteus maximus, Bursa subgluteus medius und Bursa subgluteus minimus betreffen kann, Insertionstendopathien oder Einrisse des Gluteus medius bzw. Gluteus minimus. Die Einteilung nach Thomas differnziert in drei Grade:
- 1: kein Riss der Glutealsehnen, intakte Funktion, Druckschmerz
- 2: partieller Riss der Glutealsehnen, eingeschränkte Funktion, starke Druckschmerzhaftigkeit
- 3: Abriss der Glutealsehnen, keine Funktion, Dauerschmerz
Der Verlauf ist häufig progredient: Tendinitis, Tendinose, Ruptur. Der Gluteus medius ist häufiger betroffen als der Gluteus minimus. Epidemilogie: 10-25% der Bevölkerung sind betroffen, W:M 4:1.
Inserationstenopathien der kleinen Gluten am Trochanter major sind eine der häufigsten Ursachen von lateral lokalisierten Hüftschmerzen und häufig mit einer Bursitis trochanterica verbunden. Man spricht bei diesen Muskeln auch von der Rotatorenmanschette des Hüftgelenks. In einer französischen Studie waren 58% der Befragten Orthopäden mit der Tendinose oder Ruptur von Glutealsehnen nicht vertraut. Die Bursitis trochanterica tritt selten allein auf, meist mit Betreff der Glutealsehnen. Der gebräuchlichste Begriff hierfür ist GTPS. GTPS tritt nach dem 40. Lebensjahr vermehrt auf, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Neben der primären Störung der degenerativen Sehnen mit Neigung zu Tendinose und Ruptur gibt es auch sekundäre Störungen nach Hüftendoprothese, je nach bei der OP gewähltem Zugang. Je nach Studie leiden 50% der operierten Patienten darunter. Die Schmerzsymptomatik spielt sich im Bereich des Trochanter major ab, auch mit Ausstrahlung entlang des Tractus iliotibialis bis ins laterale Kniegelenk. Der Schmerz kann eher am anterioren oder posterioren Trochanter major lokalisieren. Liegen auf der betroffenen Seite ist schmerzhaft, genauso wie Abduktion gegen Widerstand, Erleichterung bezüglich der Druckschmerzhaftigkeit verschafft hingegen passive Abduktion. Möglich ist auch ein verändertes Gangbild wegen Schwäche oder zur Schmerzvermeidung. Je nach Ausprägung kann das Trendelenburg-Zeichen positiv sein. Im Einbeinstand muss auf abkippendes Beckens nach kontralateral untersucht werden. Glutealsehneninsuffizienz wird auch durch den Lateral Decubitus Abduction Test LDAT nachgewiesen, bei dem in kontralateraler Seitenlage das zu untersuchende Bein im Hüftgelenk extendiert und abduziert so wie endorotiert wird bei 50° Beugung des Kniegelenks. Kann das Bein nicht aktiv in dieser Position gehalten werden, ist der Test positiv und beweist eine Glutealsehneninsuffizienz. Ist der Test auf das
Trendelenburg-Zeichen unschlüssig, gibt LDAT besseren Aufschluss. Mit der Sonographie können die Glutealsehnen auch dynamisch untersucht werden und Bursitiden aufgefunden werden. Im MRT schließlich sind Sehnendegenerationen, Partialrupturen und insertionsnahe Sehnenödeme zu sehen, genauso wie Veränderungen im musculotendinösen Übergang. Nicht alle in der MRT sichtbaren Störungen sind symptomatisch. Thomas teilt in drei Grade ein, die auch therapieweisend sind. Neben physikalischen und physiotherapeutischen Maßnahmen und NSAR stehen vor allem bewegungstherapeutische Maßnahmen im Vordergrund, Training der Propriozeption genauso wie konzentrisches Muskeltraining. Je nachdem wie diese Maßnahmen kombiniert werden, liegt die Erfolgsrate bei 40 bis 83%. Kortikoidinfiltrationen sind in etwa der Hälfte bis zu allen Fällen erfolgreich, nach 6 Monaten immer noch zu 60%. Auch die extrakorporale Stoßwellentherapie zeigt gute Resultate, vor allem auf längere Sicht. Kurzfristig erscheint die Corticosteroidtherapie erfolgreicher, langfristig kippt dies jedoch. Therapieresistente Bursitiden und Sehnenstörungen nach Thomas Grad 1 neigen zu weiterer Schwächung der Sehne in Richtung Grad zwei oder drei mit Verfall bis hin zur kompletten Rupturen. Partial- und Komplettrupturen werden operativ versorgt, Sehnenrefixationen sind arthroskopisch oder offen möglich, was meist erfolgreich ist. Über die optimale Befestigungstechnik herrscht noch Unklarheit. Das Bewegungs- und Sportverhalten muss angepasst werden, so dass idealerweise der Schmerz im Alltag und Sport nicht ausgelöst wird. Ist das gegeben, kann unter dem Kräftigungstraining eine sukzessive Belastungssteigerung erfolgen. Nach operativer Intervention wird mit Teilbelastung begonnen, wobei die Flexion anfangs auf 90 Grad begrenzt wird, aktive Abduktionen gegen Widerstand und passive Adduktionen über Null hinaus für sechs Wochen ausgesetzt werden. Unter weiteren Kräftigungstraining kann sportliche Belastung dann eingeschlichen werden, Kontaktsportarten jedoch nicht vor Ablauf von drei Monaten.
Ursache
- Overuse, meist auf dem Boden nicht optimaler Strukturen
Prädisponierend
– posteroperativ
- Zustände nach OP im Hüftbereich (TEP: bis zu 50% entwickeln Störungen, Arthroskopie, Oberschenkelhalsbruch)
– Bewegungsapparat
- Muskuläre Dysbalancen, insbes. Schwächen der kleinen Gluteen; muskuläre Verkürzungen
- Beinlängendifferenzen, Fehlstellungen
- Schwäche der Rumpfmuskulatur
- Beckeninstabilität, z.B. durch manglende Kraft der Abduktoren (kleine Gluteen)
- Zuweilen ist ein ITBS und Hypertonus des Tensor fasciae latae begünstigend
– disponierende Erkrankungen
- RA und rheumatoforme Erkrankungen
– andere Faktoren
- weibliches Geschlecht
- Adipositas
Diagnose
- Sono: klärt Degeneration der Sehnen
- ggf. MRT zur Abklärung von DD
- Lauf- und Ganganalyse, auch bei Nichtsportlern
Symptome
- Belastungsschmerzhaftigkeit
- schmerzhafte Bewegungseinschränkung
- Schmerzausstrahlung ins Gesäß
- Rotationsschmerzhaftigkeit des Hüftgelenks
- verminderte Kraft zur Abduktion, Hinken
- Verkürzte, dehnungsschmerzhafte Gluteen
- zum Teil deutliche Druckschmerzhaftigkeit, vor allem bei Bursitis
- in fortgeschrittenem Stadium: Trendelenburg-Zeichen
- schnellende/schnappende Hüfte (coxa saltans, Amonsche Schnapphüfte)
- ggf. Entzündungszeichen
- schmerzhaftes Liegen auf der betroffenen Seite
Therapie
- PT
- Stoßwellentherapie
- ACP-Injektionen
- ggf. Einlagen
- ggf. NSAR
- so weit erforderlich Entlastung, Belastungsreduzierung
- Dehnungstraining vor allem der Hüftbeuger und der Glutealmuskulatur
- Beseitigung muskulärer Dysbalancen, insbes. einseitige Abduktionsschwäche
- Flexibilitätstraining der Glutealmuskulatur
- Training von Rumpf (v.a. Bauchmuskulatur und autochthoner Rückenmuskulatur) und Propriozeption
- operative Refixation mit Debridement (Säuberung der Sehnen von degeneriertem Material) in Stadium 3, vorher nur wenn indiziert, Resektion der Bursa
- Vorsicht mit Cortison-Infiltrationen: schädigt Sehnen
DD
- rheumatoforme Erkrankungen
- DGS / Piriformis-Syndrom