pathologie: tennisellbogen

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Epicondylitis humeri lateralis/radialis / Epicondylitis humeri lateralis / Tennisellbogen / Tennisarm

Definition

schmerzhafte Insertionstendopathie an den Muskelursprüngen der Handgelenkdorsalflexoren und Fingerstrecker am lateralen Epicondylus humeri. Insofern ist der Begriff Epicondylitis irreführend, weil in der Regel weniger die entzündliche (betriff nicht die Sehne sondern ist peritendinös) als die durch eine Folge von Mikrotraumata verursachte degenerative Komponente prominiert, weshalb manche Autoren von einer Epiconylopathia sprechen. Wie häufig, spricht man ab 6 Monaten von einem chronischen Verlauf. Der Tennisarm ist ein klassisches, häufig vorkommendes Overuse-Syndrom und entsteht durch kummulative Belastung, möglicherweise mit neurologischer Irritation und metabolischen Veränderungen: Überlastung der Muskeln führt zu Übersäurung bis zum Muskelhartspann (wie eine Dauerkontraktur) mit Folge der Überreizung der Sehnen und Knochenhaut und intratendinösen Nekrosen. Die am meisten betroffenen Muskeln sind Extensor carpi radialis brevis und Extensor communis, aber ggf. auch Supinator und andere Handgelenkdorsalflexoren wie Extensor carpi radialis longus, Extensor digiti minimi und Extensor carpi ulnaris.

Es lassen sich also je nach betroffener Bewegung und daher betroffenen Muskeln drei Typen des Golferellbogens definieren:

  1. Unterarm-Supinations-Tennisellbogen: betroffen ist der M. supinator
  2. Handgelenk-Dorsalflexions-Tennisellbogen: betroffen sind Extensor carpi radialis brevis, Extensor carpi radialis longus oder Extensor carpi ulnaris
  3. Fingerstreckungs-Tennisellbogen: betroffen sind Extensor communis oder Extensor digiti minimi

Natürlich können auch Mischtypen vorliegen.

Unter den betroffenen Muskeln gilt der Extensor carpi radialis brevis als der am meisten betroffene Muskel. Unabhängig davon, welche Sehne betroffen ist, erschwert die enge Lage der Sehnen in einem konvexen Bogen den Stoffwechsel und die Heilung/Reparatur nach Überlastung,
was zu einer von der obersten Schicht der Tendozyten ausgehenden Hyperplasie minder vitaler Zellen führt. Die Bezeichnung Tennisellbogen ist sehr plausibel angesichts der Belastung durch Zugkräfte, die in den am lateralen Epicondylus auftretenden Sehnen der Handgelenkdorsalflexoren auftritt, wenn der Tennisball beim einhändigen Rückhandspiel auf den Schläger auftrifft. Die Tatsache, daß der Golferellbogen als Pendent des Tennisellbogen in den Palmarflexoren ungleich seltener als Folge des Vorhandspiels auftritt, ist schlicht der Tatsache zu verdanken, daß die Palmarflexoren beim Menschen im Schnitt wesentlich kräftiger und robuster sind. Auch außerhalb des Sports konnten einige typische Risikofaktoren ausgemacht werden, siehe unten. Meist ist die Epicondylitis selbstlimitierend, die akute Phase beträgt meist 6-12 Wochen. Rezidive sind nicht selten und verschlechtern die Prognose, zumal wenn belastende Faktoren nicht abgebaut werden können. Ebenfalls prognoseverschlechternd sind starke Schmerzen, Andauern der Schmerzen für mehr als 3 Monate und Depression. Pathophysiologisch bleibt die Sehnenheilung nach Belastung aus, eine angiofibroplatische Hyperplasie stellt sich ein. Die Gefahr einer Calcifizierung besteht ebenfalls.

Der Tennisellbogen zeigt ein Deutschland eine jährliche Prävalenz von 6% mit einem Altersgipfel zwischen dem 36. und 58. Lj., von denen 89% mit konservativer Therapie Besserung finden. Nur in 4-11% wird operativ interveniert.

Siehe auch den externen Link https://www.physio-mg.de/wp-content/uploads/Schneider2018_Article_DerTennisellenbogenTennisElbow.pdf

ICD M77.0

Ursache

  1. Überbelastung, z.B. durch Tennis, mechanische Arbeiten (Fließbandproduktion), intensives Spielen eines Musikinstruments, Hausarbeit, früher auch bei Stenotypistinnen
  2. Fluorchinolon-Antibiotika (haben tendotoxische Wirkung)

Prädisponierend

– Verhalten des Bewegungsapparates

  1. verschiedene Sportarten wie Rudern, Tennis, andere Racketsports
  2. verschiedene Musikinstrumente wie Geige
  3. intensive Benutzung der Computermaus
  4. schraubende Bewegungen (z.B. festschrauben – das Lösen von Schrauben könnte dagegen zum Golferellbogen führen)
  5. mindestens 10-mal tägliches Hantieren mit Gewichten von mindestens 20 kg
  6. täglicher häufigerer Umgang mit Werkzeugen schwerer als 1 kg
  7. repetitive Bewegungen der Hand und Arm von mindestens 2 Stunden täglich
  8. manuelle Präzisionsarbeiten
  9. häufiger Wechsel zwischen Palmarflexion und Dorsalflexion der Handgelenke
  10. häufige Pronations- und Supinationsbewegungen wie beim Schrauben, wobei die Richtung der Kraftausübung eine Rolle spielt (Supination ist der Risikofaktor)

– andere gesundheitliche Faktoren

  1. Alter (vor allem über 45)
  2. Rauchen
  3. Übergewicht

Diagnose

  1. Hypertonus der Strecker
  2. lokaler Druckschmerz
  3. Tests und Zeichen: Thomsen-Test (testet Handgelenkdorsalflexoren auf Belastungsschmerzhaftigkeit), Mill-Test (testet Handgelenkdorsalflexoren auf Dehnungsschmerzhaftigkeit), Cozen-Test (testet Handgelenkdorsalflexoren auf Belastungsschmerzhaftigkeit), Maudsley-Test (testet Extensor digitorum auf Belastungsschmerzhaftigkeit), Bowden-Test, Chair-Test (testet Handgelenkdorsalflexoren auf Belastungsschmerzhaftigkeit)

Symptome

  1. Anfangs nur Belastungsschmerzhaftigkeit, Dehnungsschmerzhaftigkeit später möglicherweise auch Bewegungs- oder Ruheschmerz
  2. Druckschmerz im Bereich der betroffenen Epicondyli
  3. schmerzhafter Händedruck
  4. schmerzhafte Krafteinschränkung
  5. Schmerz bei Anspannung oder Dehnung des Streckapparates des Handgelenks oder der Finger, v.a. bei aktiver Supination, Überstreckung der Finger, Dorsalflexion der Hand

Therapie

  1. Ruhigstellung (nicht den Ellbogen !)
  2. ggf. Injektion von Lokalanästetika
  3. lokale Kostisoninfiltration
  4. ggf. Analgetika, Antiphlogistika
  5. Reizstromtherapie
  6. Homöopathie, Traumeel
  7. im Akutstadium Kühlen
  8. später wärmen
  9. Dehnen
  10. progressive Kräftigungstherapie mit Schmerzvermeidung
  11. Querfriktion
  12. Epicondylitis-Spange, Taping
  13. Taping
  14. Therapiedauer ca 4 Monate
  15. Dauertherapie/Prävention: Erhaltung der Dehnfähigkeit der palmaren Handgelenkdorsalflexoren und Fingerstrecker

Asana-Praxis und Bewegungstherapie

Beim Tennisellbogen bestehen deutlich weniger Einschränkungen für die asanas als beim Golferellbogen. Es muß vor allem darauf geachtet werden, daß weite Dorsalflexionen des Handgelenks nicht schmerzhaft sind. Dies wird vor allem in Kombination mit Supination des Arms auftreten, weniger in Pronation. Typische Haltungen, in denen der Schmerz auftreten kann, sind also

  1. purvottanasana
  2. Schulterstand
  3. setu bandha sarvangasana
  4. urdhva dhanurasana mit nach hinten gedrehten Händen

In einigen Fällen wird der Schmerz weniger oder verschwindet, wenn die antagonistischen Palmarflexoren und Fingerbeuger intensiver arbeiten. In der Regel werden sich vor allem die Fingerstrecker als schmerzauslösend erweisen. Das kann gestetet werden, in dem in der Unterarmdehnung dorsal der Faustschluß gelöst wird. Verschwindet dann nicht nur die Dehnung der Unterarmmuskulatur, sondern auch der Epicondylitis-Schmerz, so sind die Fingerstrecker auf jeden Fall mit am Schmerzgeschehen beteiligt. Nach gelöstem Faustschluß läßt sich das Handgelenk in der Regel weiter nach dorsal flektieren. Tritt dann nicht nur Dehnung, sondern auch der Epicondylitis-Schmerz wieder auf, so sind auch reine Dorsalflexoren des Handgelenks am Schmerzgeschehen beteiligt. Zusätzlich zur Dehnung der Dorsalflexoren und Fingerstrecker sollten diese auch gekräftigt werden, möglichst wieder ohne Schmerzauslösung, also mit hinreichend kleinem Gewicht oder mit mittlerem Gewicht nur bis vor den Punkt der Schmerzauslösung. In beiden Fällen sind hohe Wiederholungszahlen indiziert. Analog dem Golferellbogen bieten sich auch hier funktionale Kräftigungen mit Kurzhantel als bzgl. ROM und Krafteinsatz hervorragend skalierbare Übungen an. Beim Typ Unterarm-Supinations-Tennisellbogen, also wenn der M. supinator betroffen ist, stellt die Kräftigung dieses Muskels, etwa wie in Supination und Pronation des Arms üben beschrieben, die wichtigste Therapiesäule dar. Liegt ein Handgelenk-Dorsalflexions-Tennisellbogen vor, so sollte vor allem die Dorsalflexion des Handgelenks mittels der Übung Palmarflexion und Dorsalflexion des Handgelenks üben geübt werden, ergänzend ggf. auch der Flexor carpi ulnaris durch Ausführung seiner ulnarabduktorischen Funktion mittels der Übung Radialabduktion und Ulnarabduktion üben gekräftigt werden. Es ist also sehr hilfreich durch Tests auf Dehnungsschmerzhaftigkeit und Belastungsschmerzhaftigkeit erst einmal herauszufinden, welcher Typ bzw. welcher Mischtyp Tennisellbogenvorliegt.

Bei den beschriebenen Übungen kann abweichend von der allgemeinen Regel, den bezüglichen Schmerz streng zu meiden, die dort beschriebene Vorgehensweise angewendet werden, bei der die Entwicklung des Schmerzes, der bei NRS 6-8 liegen kann, für 10 bis 30 Sekunden in isometrischer Kontraktion beobachtet wird. Läßt der Schmerz in diesem Intervall erkennbar nach, kann dies bis zu drei Mal täglich praktiziert werden, während der überwiegende Anteil des rehabilitativen Trainings schmerzarm bis schmerzfrei bis maximal NRS 2-3 geschehen sollte.

Asanas

Unterarmdehnung dorsal
Supination und Pronation des Arms ueben
Radialabduktion und Ulnarabduktion üben