yogabuch / pathologie / patelladysplasie
Inhaltsverzeichnis
Definition
Patelladysplasien sind meist angeboren, selten traumatisch, und können nach Wiberg in Typen (wird in Quellen uneinheilitch angegeben) eingeteilt werden:
- normale Patella
- Hypoplasie der medialen und Hyperplasie der lateralen Facette, so als würde die retropatellare Finne etwas nach lateral verschoben, ggf. mit deutlich inkongruenter medialer Facette, die wegen weniger Fläche weniger Kraft aufnimmt
- deutlich verkleinerte und konvexe mediale Facette mit nur noch geringer Kraftaufnahme auf sehr kleiner Fläche
- Jägerhut-Patella: die Patella ist zur Seite verschoben bzw. der mediale Aspekt der Patella fehlt im wesentlichen ganz
Bei Patelladysplasien können die Femurcondylen ebenfalls verändert sein, teils so, daß die Führung weitgehend erhalten bleibt, teils so, daß sie weiter erschwert ist. Neben den Wiberg-Typen gibt es noch die Flachpatella, die durch eine stark abgeflachte Finne auffällt.
Patelladysplasien können asymptomatisch sein, aber auch retropatellare Schmerzen verursachen, vor allem nach Belastung. Das Kniegelenk kann sich instabil anfühlen, eingeschränkte Beweglichkeit ist möglich. Nicht selten treten hörbare und palpable Krepiationen auf oder Schmerzen, die sich in Ruhe einstellen und nach Bewegung bessern. Schwellungen und Druckempfindlichkeit sind möglich. Je nach Typ ist eine Patellaluxation, eine Chondropathia patellae oder die Entwicklung einer Retropatellararthrose möglich oder wahrscheinlich. Die Diagnose wird per Röntgen oder MRT abgesichert. Konservativ erfolgt eine Moderation der Belastung sowie Kraftaufbau der relevanten Muskulatur inkl. Untersuchung auf muskuläre Dysbalancen. Bei der Patellaluxation ist vor allem der Vastus medialis des Quadrizeps sehr bedeutsam, da Patellaluxationen fast immer nach lateral geschehen. Ein unzureichend ziehender Vastus medialis begünstigt das Geschehen deutlich, genauso wie ein fehlendes Retinaculum patellae transversale mediale.
Ggf. werden Orthesen oder eine operative Intervention benötigt, bei der die Bänder gerafft oder ein lateral release durchgeführt werden, um Stabilität herzustellen. Ersatz der Patella durch eine künstliche ist ebenfalls möglich. Sport kann möglich sein, muß aber auf die Gegebenheiten Rücksicht nehmen. Häufig sind schweres beinbezogenes Gewichtstraining, Rudern, Kampfsport nicht möglich, manchmal auch Laufen, rehabilitatives Kräftigungstraining mit Gewicht oder Maschine sind hingegen indiziert.
Ursache
- genetisch
- Entwicklungsstörungen der Patella durch verschiedene Einwirkung wie z.B. fehlerhafter Zug der Muskulatur, muskuläre Dysbalancen im Wachstum
- traumatisch
- hormonelle Einflüsse im Wachstum
- Overuse
Prädisponierend
Diagnose
- Röntgen
- MRT zur genauen Aklärung der Knorpel, Bänder und Muskeln (Verletzungen?)
- klinische Testung, Anamnese
- ggf. Laufanalyse, EMG
Symptome
- retropatellarer Belastungsschmerz: ziehend oder schneidend, ggf. in Richtung Unterschenkel oder Oberschenkel ausstrahlend. Weiter Beugung unter Last ist wegen des hohen Anpressdrucks am schmerzhaftesten. Auch bergab oder treppab ist deutlich schmerzhaft
- evtl. Ruheschmerz, der sich bei Bewegung bessert
- Krepitationen
- Bewegungseinschränkung
- ggf. Schwellung, die die Beweglichkeit im Kniegelenk beeinträchtigt
- Druckempfindlichkeit
Komplikationen
- Patellaluxation
- Chondropathia patellae
- Retropatellararthrose
- Nach Erstluxation Schäden im Bewegungsapparat durch asymmetrisches Vermeidungsverhalten
Therapie
- Abstellen muskulärer Dysbalancen und eines Kraftdefizits des Vastus medialis, ggf. auch isolisertes EMS-Training
- Schonung, Hochlegen, Kählen, NSAR soweit nötig
- Orthese/Bandage
- Sitzen ohne weit gebeugtes Knie
- kräftigende und balance herstellende Sportarten (Krafttraining, Radfahren, Schwimmen), Yoga
- bei deutlicher Dysplasie: Umstellungsosteotomie
- bei deutlicher Dysplasie: Patellaplastik
Asana-Praxis und Bewegungstherapie
Bei der Patelladysplasie muss zunächst herausgefunden werden, von welchem Typ sie ist, und ob eine zusätzliche Lageanomalie der Tuberositas tibia vorliegt. Falls diese weiter lateral liegt als physiologisch, bedeutet dies ein zusätzliches Luxationsrisiko für die Patella. Die Neigung zur Patelladysplasie scheint vererbt zu werden, ist aber nicht bei allen Familienmitgliedern gleich stark ausgeprägt. Nicht in allen Fällen kann eine hinreichend große Sicherheit gegen Patellaluxation rein konservativ gewährleistet werden. Fehlt etwa die mediale Hälfte der Patella, so ist der Ansatz des Vastus medialis damit derart nachteilig verändert, das nicht nur das Patellaluxationsrisiko sehr deutlich erhöht ist, sondern auch eine massive Gefahr von retropatellem Schaden (Retropatellararthrose oder Chondropathia patellae) gegeben ist. Auch eine zu flache Trochlea oder eine zu gering ausgeprägte retropatellare Finne können die Führung der Patella derart beeinträchtigen, dass nur eine knöcherne Umstellung hinreichende Sicherheit gewährt. Für den konservativ zu behandelnden Fall muss fast immer der Tonus des Vastus medialis soweit erhöht werden, dass in allen Situationen hinreichender Zug der Patella nach medial gewährleistet ist. Dieser Muskel ist mit seinem unteren Faserverlauf, der bis zu 45° schräg zur Längsachse des Beins verläuft, die mit Abstand wichtigste muskuläre Komponente in der Führung der Patella. Bei manchen Menschen kommt erschwerend hinzu, dass ein mediales transversales Retinaculum patellae fehlt, dessen Wirkung dann vom Vastus medialis mit übernommen werden muss. Da er Teil des Quadrizeps ist, kann er nur durch die Streckbewegung in Kniegelenk trainiert werden, dabei werden aber immer alle drei weiteren Anteile mittrainiert. Relativ am meisten wird der Vastus medialis trainiert im Bereich der letzten etwa 20 Grad vor Streckung des Kniegelenks, das kann statisch, also isometrisch, oder dynamisch geschehen. Damit eignen sich alle Haltungen, in denen das Kniegelenk gegen den Zug des Iliopsoas gestreckt werden muss, wie es z.b bei der ersten Hüftöffnung oder der ersten Kriegerstellung der Fall ist.
Mit geringer Beugung ausgeführte bilaterale oder unilaterale Kniebeugen sind ebenfalls geeignet, genauso unter ähnlichen bedungungen die Beinstrecker-Maschine. Ein Hypertonus des Rectus femoris stellt ebenfalls einen deutlichen Risikofaktor da, da dieser hauptsächlich mediolateral am kaudalen Patellapol zieht. Aufgrund der Biatikularität dieses Muskels sind Tätigkeiten und Haltungen denkbar, die den Tonus des Rectus femoris mehr erhöhen als den der drei übrigen Kniestrecker. Haltungen wie supta virasana, ardha supta krouncasana und die Quadrizepsdehnung 1 oder auch Quadrizepsdehnung 2 an der Wand leisten hier sehr gute Dienste.