bewegungsphysiologie: sehne

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Sehne

Eine Sehne (lat. tendinum) ist ein bindegewebiger, nicht kontraktiler Teil eines Muskels, der den kontraktilen Teil (Muskelbauch) mit einem Knochen verbindet. In selteneren Fällen setzen Muskeln auch an anderen Sehnen, Faszien oder Knochen an. Nicht selten konfluieren Sehnen mehrer Muskeln oder Muskelbäuche zu einer. In Gelenknähe verlaufen Sehnen häufig in einer Bindegebshülle, der Sehnenscheide. Gegen Druck von Knochen sind sie häufig mit Schleimbeuteln gepolstert. Sehnen bestehen aus parallel verlaufenden, fest miteinander verbundenen Fasern und sind, je nach Form des Muskels, ründlich oder flach. Grundsätzlich sind Sehnen schwach vaskularisiert und gehören daher zu den bradytrophen Geweben, was ihre Regenerationszeit bzw. ihren Turn Over erhöht. Damit zählen sie zu den bradytrophen Geweben. Sie werden je etwa zu einem Drittel durch ihren Muskel, durch das Periost der knöchernen Insertionsstelle und durch den Lymphstrom versorgt. Die Ausstattung mit Nerven ist ebenfalls eher gering. Mit dem Golgi-Sehnenorgan, welches die Sehnenkraft mißt, liegt einer der wichtigsten Rezeptoren der Propriozeption im Übergang vom kontraktilen zum sehnigen Bereich des Muskels. Die Elastizität von Sehnen beträgt bis etwa 15%.

Sehnen bestehen zellulär zu 90-59% aus Tenozyten und Tenoblasten, der Rest besteht aus Gefäßzellen, Chondrozyten, Synovialzellen und glatten Muskelzellen. Die Extrazellulärmatrix besteht hauptsächlich aus Kollagen (zu 95% Typ 1) und Elastin. Sehnen werden unterschieden nach Gleitsehnen, die ihre Richtung in ihrem Verlauf ändern und Zugsehnen, die Ansatz und Ursprung weitgehend geradlinig verbinden. Gleitsehnen werden im Bereich des Kontakts mit ihrer Umleitung am stärksten komprimiert, während der Zug genau diametral gegenüber am größten ist. Sie sind daher Scherkräften ausgesetzt. Im Fall der Achillessehne, die biomechanisch eine Zugsehne ist, verdrillen sich die Fasern des Soleus von anterior und medial mit denen des Gastrocnemius von posterior und lateral. Dieser Effekt ist am ausgeprägtesten im Bereich bei etwa 2-7 cm proximal der Insertion am Calcaneus (der Achilles-Tallie) und führt dort zu einer Hypovaskulariserung mit Folge erniedrigten Stoffwechselns und erhöhter Anfälligkeit. Ab 4% Dehnung können Schäden (Risse) an Sehnen auftreten, bei mehr als 8% sind sie hochwahrscheinlich, ab 12% betreffen sie den ganzen Querschnitt der Sehne. Die Heilung erfolgt (außer im Falle einen Totalabrisses) in drei überlappenden Phasen, von denen die erste die 3-7-tägige Entzündungsphase ist. Die Prolieferationsphase dauert vom 5. bis 21. Tag, gefolgt von der bis zu einjährigen Reifungs- und Restrukturierungsphase. Siehe auch Sehnenelastizität und Sehnenheilung.

Sehnenelastizität

Sehnen besitzen eine Elastizität von bis zu etwa 15%. Neueren Forschungen zufolge wirkt ein Ionenkanal-Protein in den Sehnen als Kraftsensor, der die Längsverschiebung von Kollagenfasern gegeneinander detektiert. Bei größeren gemessenen Scherkräften emittiert der Kraftsensor Calciumionen ins Innere der Sehnenzellen, was die Produktion von Enzymen fördert, die die Fasern miteinander verbinden, was die Steifigkeit und Belastbarkeit auf Kosten der Elastizität steigert. Von diesem Ionenkanal-Protein gibt es mehrere genetische Varianten. Die in Westafrika entstandene Variante E756del, die auf eine Gegenreaktion auf Malaria-Plasmodien zurückgeht, bewirkt eine überschießende Calcium-Ausschüttung, was festere Sehnen ausprägt. Die Träger dieser Variante sind bei Sportarten, in denen es auf die Beschaffenheit der Sehnen ankommt (Schnellkraft-Sportarten wie Sprint, schnelle Sprungdisziplinen), im Vorteil.

Sehnenheilung

Die Sehnenheilung verläuf in drei Phasen, von denen vor allem die Phase 1 gegen Ende schleichend in Phase 2 übergeht:

  1. Entzündungsphase, bis ca. 7 Tage nach Auslöser: Thrombozytenanlagerung; fibrinöse Vernetzung von Kollagenfasern; Permeabilitätssteigerung durch Mediatoren wie Bradykinin und Histamin
  2. Prolieferationsphase, 2-3 Wochen: das Fibrinkonstrukt wird durch Granulationsgewebe ersetzt, Prolieferation von Myofibroblasten und Fibroblasten, letztere bilden unvernetztes Kollagen III
  3. Maturations- und Remodelling-Phase, ab 3 Wochen bis ca. 6 Monate: sukzessiver Ersatz von Kollagen III durch Kollagen I. Nach 6 Monaten ist die volle Belastbarkeit der Sehne gegeben, die Heilung ist aber keine Restitutio ad integrum, die Belastbarkeit der reparierten Sehne ist reduziert.

Sehnenkraft

Die Kraft, mit der ein Muskel an seinem Ansatz und Ursprung zieht. Im vereinfachten Modell setzt ein Muskel je in Ursprung und Ansatz sehnig an einem Knochen an. Würde man nun eine Sehne durchtrennen um ein Element zur Messung der Zugspannung dazwischenschalten, erhielte man die Sehnenkraft des Muskels. Die aktuelle Sehnenkraft hängt von dem Ruhetonus, den Stellungen der überzogenen Gelenke und natürlich hochgradig der Innervation ab. Selbst ohne willkürliche Innervation hat ein Muskel einen gewissen Ruhetonus, die Sehnenkraft ist also selbst bei günstigsten Gelenkstellungen von Null verschieden. Würde man auf einer Seite die Sehne durchtrennen, würde sich der Kopf des Muskels also zusammenziehen.

  1. günstige Verschiebung des Arbeitsbereichs der einzelnen Sarkomere im Sinne der Kraft-Längen-Funktion
  2. leichter Zuwachs der Muskelleistung
  3. leichter Zuwachs der Maximalkraft
  4. leichter Zuwachs der maximalen Kontraktionsgeschwindigkeit
  5. leicht verminderte Verletzungsanfälligkeit

Sehnenscheide / Vagina synovialis tendinis

Die Sehnenscheide ist die doppelwandig bindegewebige Umhüllung der Sehne, in der diese gleitet. Dabei wird sie unmittelbar von einem zweiblättrigen Stratum (inneres und äußeres Blatt) umhüllt. Das innere Blatt ist mit der Sehne verwachsen, das äußeren mit dem Stratum fibrosum, dem Äußeren der Sehnenscheide. Zwischen diesen beiden Strati liegt ein Puffer aus Synovia, die die Synovialschicht der Gelenkkapsel produziert, mit dem das Innere der Sehnenscheide verbunden ist.

Tendinitis

Entzündung einer Sehne. Diese kann zusammen mit oder ohne Entzündung ihrer Sehnenscheide (Tendovaginitis) auftreten und wird dann auch als Tendosynovitis bezeichnet. Ursache ist meist Overuse.

Tendopathie / Tendinopathie

Sehnenleiden ohne Angabe der Ätiologie, meist entzündlicher oder degenerativer Natur. Eine häufige Ursache ist Overuse, einen Risikofaktor dafür stellen Ergonomie- oder Materialmängel dar, genauso wie mangelnde Regeneration.