pathologie: schwimmerknie / brustschwimmerknie

yogabuch / pathologie / schwimmerknie (brustschwimmerknie)

Definition

Beim Brustschwimmen werden die Oberschenkel unterhalb der Frontalebene abduziert (das erst erlaubt eine ohne Exorotation im Hüftgelenk ausgeführte weite Abduktion), verbunden mit einer halbwegs deutlichen Flexion des Kniegelenk und einer (erst dadurch möglichen) Exorotation des Unterschenkels im Kniegelenk. Der Vortrieb erfolgt durch Verdrängung des Wasser bei der folgenden Adduktion der Oberschenkel, bei der die Kniegelenk wieder gestreckt werden, was die Exorotation des Unterschenkel zwangsweise aufhebt. In dem Maße, in dem das Aufheben dieser Exorotation nicht aus bewußt aus Kraft der inneren Ischiocruralen Gruppe unternommen sondern passiv dem medialen Kollateralband des Kniegelenk überlassen wird, wird dieses vor allem im Bereich seiner distalen Insertion einem wiederholten Streß ausgesetzt, was über wiederholtes Training häufig zu symptomatischen Überlastungserscheinungen führt. Dies trifft umso mehr zu, also bei diesem Schwimmstil etwa 70% des Vortriebs mit den Beinen verursacht wird. Die Einführung der heute üblichen, oben beschriebenen Stoßgrätsche zeigt den biomechanisch schwierigen Ansatz auch im Anstieg der Inzidenzen der Kniebeschwerden gegen über der im Leistungsbrustschwimmen noch vor. ca 1990 üblichen Schwunggrätsche. Andere Schwimmstile mit Bewegung der Beine in der Sagittalebene verursachen daher diese Art Störung nicht. Diese Störung geht natürlich wesentlich auf die Kontruktion des Bewegungsablaufes zurück.

Zu einem Teil begründet sich die Neigung zu dieser Störung aber auch in einem verursachtes Muskelungleichgewicht, das dadurch entsteht, daß der Strecker des Kniegelenks, der Quadrizeps gegenüber den Beugern, der Ischiocruralen Gruppe, wesentlich mehr gekräftigt wird, da aus der möglichst schnell ausgeführten Adduktionsbewegung der Oberschenkel, bei der die Kniegelenk gestreckt werden, der wesentliche Vortrieb erzeugt, und daher viel Muskelleistungsfähigkeit eingesetzt wird. Hingegen wird die Abduktionsbewegung in eher moderatem Tempo ausgeführt, was die Beuger weniger kräftigt. Ein weiterer erschwerender Faktor sind der Wasserwiderstand zuzüglich der Massenträgheit des Unterschenkels, die bei der kraftvoll ausgeführten Adduktionsbewegung der Oberschenkel einen Valgusstreß verursachen, der ebenfalls das medialen Kollateralband belastet. Ein letzter Faktor ist schließlich die schwunghafte Exorotationsbewegung des Unterschenkels im Kniegelenk selbst, dessen Beschleunigung beim Brustschwimmen höher ist als bei jeder anderen Tätigkeit oder Sportart. Diese Bewegung wird ebenfalls maßgeblich vom medialen Kollateralband gestoppt.

Eine weitere Quelle für Störungen bildet die Kniescheibe bzw. das femoropatellare Gleitlager, da die kraftvolle Streckung des Kniegelenk aus einer exorotierten Position des Unterschenkels heraus begonnen wird, was einen hauptsächlich zweidimensionalen Patella-Tilt auslöst: die Exorotation des Unterschenkels dreht die Tuberositas tibiae nach lateral, was die Patella inferior nach lateral dreht und ihre laterale Hälfte nach dorsal kippt. Diese Art bewegungsbedingter Patelladyskinesie belastet den lateralen Patellaknorpel ungleich mehr als den medialen und kann zu dessen übermäßigem Verschleiß führen. Weiter ist die Führung der Patella zwischen den beiden Condylen des Femur durch ihre dorsale Finne ebenfalls weit über die Norm belastet. Die genannten Faktoren disponieren natürlich auch zu einer lateralen Patellaluxation. Muskelungleichgewichte zwischen den lateralen und medialen Anteil des Quadrizeps würden die Neigung zu Störungen noch verstärken.

Neben der Überlastung des medialen Kollateralbandes und der Kniescheibe treten auch Insertionstendopathien und Meniskusprobleme auf, die darin fußen dürften, daß das überbeanspruchte mediale Kollateralband mit dem Innenmeniskus verwachsen ist. Auch eine Bursitis anserina ist beschrieben, welche vor allem auf den Einsatz des Gracilis als Adduktor zurückzuführen sein dürfte, aber auch der Sartorius kann, je nach Dehnungszustand, in der Schulßphase des adduzierenden Beinschlags in seiner Insertion am Pes anserinus superfizialis unter erhöhter Spannung stehen.

Zum Schwimen siehe auch den zugehörigen Artikel in der Bewegungsphysiologie.

Ursache

  • Brustschwimmen

Prädisponierend

  • Leistungsorientiertes Brustschwimmen mit heute üblicher Stoßgrätsche
  • Verwendung von Flossen (etwa beim Tauchen getragen) verstärken die Neigung zu Problemen deutlich
  • Brustschwimen bei Vörschäden des Kniegelenk

Diagnose

Symptome

  • Belastungsschmerz bei schnellen endorotierenden und weit exorotierenden Rotationen des Unterschenkels
  • Druckschmerzhaftigkeit der betroffenen Bereiche
  • Anfangs nur Schmerzen beim Brustschwimmen, bei Fortschreiten auch bei anderen beinbezogenen Tätigkeiten, in ausgeprägten Fällen Ruheschmerz

Komplikationen

Therapie

  • spezielle Anpassungen des Ergänzungstrainings
  • Reduzierung des Trainingsumfangs oder der Intensität der Adduktionsbewegung der Oberschenkel, ggf. Umstieg auf andere Schwimmstile