yogabuch / pathologie / gebrechlichkeits-syndrom – frailty syndrome
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Definition
Gebrechlichkeit ist ein multifakteriell bedingtes geriatrisches Syndrom, das eine verminderte Resilienz gegenüber externen Stressoren, vermehrte Vulnerabilität, vermehrte Abhängigkeit sowie verminderte Lebenserwartung beschreibt. Frailty resultiert in der Regel nicht nur aus physiologischen Alterungsprozessen, die Funktionseinschränkungen mit sich bringen, sondern auch aus zusätzlich vorliegenden Pathologien. Frailty ist ein wichtiger Faktor, der das Behinderungs-, Hospitalisierungs- und Sterberisiko erhöht und die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen während und nach Eingriffen erhöht. Für diese Patienten bietet sich daher eine Prähabilitation besonders an, wie sie auch die AWMF-Leitlinie zur perioperative Versorgung empfiehlt. Regelmäßig zeigt sich bei Frailty ein erhöhter Bedarf an diagnostischen, pflegerischen und therapeutischen Maßnahmen. Stürze, Krankenhausaufenthalte, Bewusstseinsstörungen, Behinderungen und Pflegebedürftigkeit werden wahrscheinlicher und häufiger. Frailty ist keine Erkrankung sondern ein multifaktorielles Syndrom, das mit dem Lebensalter wahrscheinlicher und ausgeprägter wird, aber nicht mit dem Alter korreliert ist oder ursächlich auf das Altern zurückzuführen ist. Die Prävalenz bei über 80-jährigen wird auf 30% geschätzt.
Bei gebrechlichen Patienten werden oft erhöhte Spiegel verschiedener Interleukine wie IL-1 und IL-6 gemessen, außerdem von TNF(alpha) und CRP bzw. hCRP, daneben verminderte Spiegel der Hormone Testosteron, Östrogen, Kortikosteroide und Somatotropin. Meist liegen bei Frailty überdurchschnittliche Werte für Sarkopenie, Osteoporose und Maximalkraftverlust vor. Ein wichtiges Risiko ist das durch Gangunsicherheit erhöhte Sturzrisiko, welches häufig zu Oberschenkelhalsbrüchen führt. Bei dem durch den Sturz erlittenen Schaden spielt neben der Osteoporose auch die Sarkopenie eine Rolle, indem die geringere Masse des Vastus lateralis die Zuggurtung des Femur verschlechtert. Einige Erkrankungen ziehen recht regelmäßig Gebrechlichkeit mit sich, darunter Hypertonie, Schlaganfall, Herzinfarkt und Diabetes mellitus.
Umgekehrt ist Frailty ein Risikofaktor für Demenz. Die Gebrechlichkeit kann nicht nur zu Schwierigkeiten bei der Alltagsbewältigung führen, sondern kann aufgrund eines gefühlten Mangels an Fähigkeit, die damit verbundenen Aufgaben zu bewältigen, auch die sozialen Kontakte reduzieren, was häufig schon mit der Anreise zu den Kontakte oder Treffpunkten beginnt. Dieses wiederum reduziert die unternommene Bewegung, was aggravierend für dementielle Prozesse wirkt, wie im Übrigen auch die verminderte mentale Aktivität, die reduzierte soziale Kontakte meist mit sich bringt. Auf diese Weise verstärken sich Demenz und Frailty gegenseitig. Bei Frailty wird interveniert mit Krafttraining, Ausdauersport, Koordinationsübungen sowie einer angepassten Ernährung. Zudem werden vorhandene Erkrankungen bestmöglich eingestellt.
Ursache
Prädisponierend
- Polymorbidität
- Biologisches Alter
Diagnose
- Frailty-Kriterien nach Fried
- Erschöpfung, subjektiv empfunden
- ungewollte Gewichtsabnahme (je nach Kriterienkatalog mind. 5 kg/ a oder 5 % in 3 Monaten oder 10% in 6 Monaten)
- Abnahme der groben Körperkraft um mind. 20% gegenüber dem gleichaltrigen Bevölkerungsschnitt
- reduzierte Ganggeschwindigkeit
- allgemein reduzierte Aktivität
- Der FRAIL-Scale ist ähnlich, bei dem 3 Kriterien für die Diagnose Trailty gegeben sein müssen, bei 1-2 Kriterien wird die Diagnose Pre-Frail gestellt:
- Fatigue (Müdigkeit/Erschöpfung)
- Resistance (Muskelkraft), anhand der Fähigkeit ein Stockwerk Treppe am Stück zu steigen
- Ambulation (Gehfähigkeit), die Fähigkeit 100 m Gehstrecke am Stück zu bewältigen
- Illness (Krankheiten): Vorliegen von mindestens 5 Krankheiten
- Loss of Weight (Gewichtsverlust) von mindestens 5 kg in den letzten 6 Monaten
Symptome
- erhöhte Infektanfälligkeit (Immunoseneszenz)
- Gleichgewichtsstörungen
- Verminderung der Vitalkapazität
- Bewußtseinsstörungen, Verwirrtheit
- Pflegebedürftigkeit
Komplikationen
- Zunahme der Inzidenz und Schwere von intra- und postoperativen Komplikationen
- erhöhtes Risiko für Pflegebedürftigkeit
- erhöhtes Risiko für Demenz und andere Bewußstseinsstörungen
- erhöhtes Risiko für Behinderung
- erhöhtes Risiko für Hospitalisierung
- erhöhtes Sturzrisiko
- erhöhte Mortalität
Therapie
- Krafttraining
- Ausdauersport
- Koordinationsübungen
- angepasste Ernährung
- Gangsicherheitstraining
- Alltagsbewältigungstraining
- bestmögliche medikamentöse Einstellung vorhandener Erkrankungen
Externe Links
- https://anaesthesieintensivmedizin.charite.de/forschung/arbeitsgruppen/praep_go_praehabilitation_von_aelteren_patienten_mit_gebrechlichkeitssyndrom_vor_elektiven_operationen
- https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/001-048
Asana-Praxis und Bewegungstherapie
Beim Frailty-Syndrom geht es nicht nur um die Einschränkungen im Lebensausdruck, sondern weit darüber hinaus um Einschränkungen in der Alltagstauglichkeit, sowohl in beruflicher Sicht als auch im Bezug auf den privaten Alltag. Häufig kommen mehrere Störungen oder Einschränkungen zusammen, so dass nicht nur der Bewegungsapparat an sich weniger leistungsfähig ist, sondern möglicherweise auch seine Versorgung oder Ansteuerung. Zu einer Beurteilung des Status quo müssen alle relevanten Befunde hinzugezogen werden, anamnestische Daten wie auch Ergebnisse klinischer Testung des Bewegungsapparats. Häufig werden dann signifikante Einschränkungen der Flexibilität und der Kraft der oberen und der unteren Extremität festgestellt, aber auch im Rumpf selbst. Eher häufig als selten beziehen sich die Störungen nicht nur auf die Muskulatur, sondern betreffen auch Gelenke, sei es im Sinne von ausgeprägten Störungen der Menisken der Kniegelenke, Arthrosen des Hüftgelenks oder des Kniegelenks oder in der oberen Extremität von Rotatorenmanschettenläsion oder gar Massenrupturen. Wie weit diese Fälle rein konservativ zu versorgen sind, und andersherum, wie groß der Nutzen etwaiger OP ist, muss in jedem Einzelfall geprüft werden. Häufig sind viele Maßnahmen erforderlich, wie Förderung der Maximalkraft, Förderung der Kraftausdauer, Förderung der Beweglichkeit, Förderung der Koordination und der Propriozeption, Förderung der kardiopulmonalen Ausdauer und gegebenenfalls auch ein Alltagsbewältigungstraining, welches etwa vermittelt, wie der Einkauf erledigt oder eine vorhandene Treppe wieder bewältigt werden könnte, oder wie die Hochschränke benutzt werden könnten. Neben dem institutionalisierten Training unter Aufsicht sollten den Betroffenen auch Trainingsaufgaben für zu Hause gegeben werden, die sie ohne nennenswertes Risiko alleine üben können, damit diese Möglichkeit der sehr regelmäßigen positiven Intervention nicht ungenutzt bleibt. Kommen Störungen der Sinnesorgane hinzu, sollten diese bestmöglich mitversorgt werden, da auch diese ein Risiko im Bewegungsverhalten verursachen können.