pathologie: erythromelalgie

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Definition

Die Erythromelalgie ist eine Gefäßregulationsstörung, bei der eine paroxysmale (anfallsweise) Hyperämie der Hände oder Füße zu unangenehmer bis schmerzhafter Wärmeempfindung und roter Verfärbung führt. Vermutlich greifen neuronale und vaskuläre Dysfunktionen ineinander. Weitere Bezeichnungen sind Erythralgie, Erythermalgia, Mitchell-Syndrom, Gerhardt-Syndrom. Die Anfälle dauern Minuten an oder auch Stunden, seltener auch Tage und kommen zwischen mehrmals täglich und alle paar Monate individuell sehr unterschiedlich häufig vor. Sonst eher weiße Haut erscheint sichtbar gerötet, dunklere Haut erscheint noch dunkler. Der Betreff ist meist beidseitig. Selten breitet sich die Symptomatik ein wenig nach proximal aus oder ist das Gesicht betroffen.

Die Anfälle können durch erhöhte Umgebungstemperaturen ausgelöst werden, etwa wenn 29° erreicht werden. Neben der reinen Temperaturexposition gibt es auch andere Auslöser wie körperliche Anstrengung, Stehen/Gehen/Laufen, hohe Luftfeuchtigkeit, heißes oder scharfes Essen, warme Heizungsluft oder die Warmluft aus dem Fön. Streß und Koffein und Alkohol können ebenfalls Anfälle auslösen. Ein einigen Fällen reichen bereits Umgebungsmeraturen ab ca. 15 °C zur Auslösung aus. Die Störung kann sich einschleichen oder plötzlich auftreten.

Eintauchen der betroffenen Extremität in Eiswasser lindert den Anfall, birgt aber etwa die Gefahr von Fissuren, besser eignet sich moderates Kühlen. Diesbezüglich verhält sich diese Erkrankung ähnlich wie ein Morbus Raynaud, der von Kälteexposition oder auch bereits von Kühle ausgelöst wird, jedoch ohne dessen Trikolore-Phänomen, oder wie ein Morbus Flammer. Die Symptomatik kann milde ausgeprägt sein oder sich verschärfen bis zu einer Behinderung und Berufsunfähigkeit oder Arbeitsunfähigkeit. Die Füße sind häufiger betroffen als die Hände.
Die Störung stellt sich meist nach dem 20. Lj. ein, selten tritt sie als vererbte Störung direkt nach der Geburt auf. Die Symptome bei identischer genetischer Veränderung variieren interindividuell deutlich. Neben der primären Form tritt die Erythromelalgie auch sekundär bei einer Reihe von Erkrankungen auf, dann nicht selten einige Jahre bevor diese diagnostiziert wird, obwohl isolierte akrale Überwärmung mit Besserung durch Kühlen pathognostisch ist. Bei Vorliegen der Erythromelalgie kann ein generalisiertes Vasomotorendysfunktion gegeben sein, im Rahmen dessen auch ein Morbus Raynaud auftritt, ggf. an der anderen Extremität, also sind etwa die Füße von der Erythromelalgie betroffen, die Hände aber vom Morbus Raynaud. Aber auch dieseble Extremität kann zwischen den Anfällen kalt und akrozyanotisch oder von Morbus Raynaud betroffen sein.

Da die Erythromelalgie häufig einem myeloproliferatives Syndrom um Jahre vorausgeht, sind wiederholte Blutbilder indiziert.

Epidemiologie

Die Erkrankung ist recht selten. In den USA lag die Inzidenz in 2009 bei 3/100.000, dabei M:W etwa 3:1. Die Diagnosestellung erfolgt meist erst in späteren Lebensjahren, in dieser Untersuchung war es um das 61. Lj.

Ursache

  1. primär: autosomal-dominant vererbt (genetische Punktmutationen)
  2. sekundär (siehe Prädisitionen)
  3. Erythromelalgie-assoziiertes Poxvirus (ERPV), z.B. in China
  4. medikamentös induziert: z. B. Nifedipin, Bromocriptin

Prädisponierend

  1. sekundäre Form:

Diagnose

  1. klinisch: inspektorisch und palpatorisch Überwärmung und Rötung
  2. außerhalb des Anfalls: Anfallsprovokation durch Wärmeexposition

Symptome

  1. Trias: Rötung, Überwärmung, brennendes Gefühl
  2. anfallsweise schmerzhafte Überwärmung und Rötung von Extremitäten. Der Schmerz kann als brennend oder pochend empfunden werden, manchmal wird er auch als juckend oder nadelstichartig beschrieben und kann bis zu NRS 10 intensiv werden.
  3. ggf. Druckschmerzhaftigkeit der betroffenen Extremität
  4. moderate Schwellung durch die Hyperperfusion
  5. selten: Dauerschmerz ohne gleichzeitiges Erythem

Therapie

  1. prophylaktisch: Vermeidung von Wärmeexposition
  2. Ruhe
  3. Hochlagerung der betroffenen Extremitäten
  4. Kälteanwendung (kein Eis!)
  5. primäre Form: Gabapentin
  6. sekundäre Form: Therapie der Grunderkrankung. Bei myeloproliferativem Syndrom: Acetylsalizylsäure
  7. verschiedene Medikamente halfen einzelnen Patienten, aber keines half bisher in allen Fällen

Komplikationen

  1. psychologische Störungen, Depression
  2. vielfältige Einschränkungen, verminderte Lebensentfaltung
  3. ggf. Berufsunfähigkeit

DD

  1. periphere Neuropathien
  2. posttraumatische Reflexdystrophie
  3. postapoplektisches Schulter-Hand-Syndrom
  4. Kausalgie
  5. Morbus Fabry
  6. Morbus Sudeck (CRPS 1)
  7. Burning feet Syndrom

externe Links

  1. https://www.springermedizin.de/emedpedia/detail/klinische-angiologie/erythromelalgie?epediaDoi=10.1007%2F978-3-662-61379-5_109
  2. https://de.wikipedia.org/wiki/Erythromelalgie
  3. https://www.msdmanuals.com/de/profi/herz-kreislauf-krankheiten/krankheiten-der-peripheren-arterien/erythromelalgie