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Muskelfaserriss/Muskelriss
Definition
Meist sportlich bedingtes Trauma der Muskulatur mit Riss einer oder mehrere gruppierter Fasern. Ab mehr als einem Drittel durchgerissenem (unterbrochene Kontinuität) Querschnitt wird der Faserriss als Muskelriss bezeichnet. Der Riss mit Einblutung grenzt den Muskelfaserriss von der Zerrung ab. Sehr kleine Risse sind beim Trainung üblich, symptomfrei und mindern die Leistungsfähigkeit nicht.
Selbst bei weitestgehend asymptomatischen Rissen finden sich nachweisbare Störungen, etwa der Verlust des Kontakt zwischen Aktin und Myosin oder auch Zerstörungen der Myofilamente. Das Zytoskelett kann noch intakt oder schon geschädigt sein. Gerissene Fasern werden nekrotisch, bestimmte Muskelproteine werden im Blut erhöht nachweisbar. Wird die Zellmembran geschädigt, induziert das weitere Schäden. Klinisch auffällige Risse gehen mindestens auf Risse von Primärbündeln zurück, in der Praxis meist aber bereits von Sekundärbündeln. Mit den Schädigungen der Faserbündel werden auch Kapillaren, das Epimysium und Perimysium geschädigt.Ab einem gewissen Ausmaß werden Kontinuitätsbrüche tastbar. Bei einer 3b-Verletzung sind immer auch arterielle und venöse Gefäße geschädigt, sowie Axonenden und vermutlich meist auch das lymphatische System.
Der wichtigste Auslöser für 3a und 3b-Risse ist exzentrische Überlastung. Ein wichtiger Pathomechanismus sind dabei heterogene Kontraktionsmuster mit lokal relativ hypertonen Sarkomeren, die Größe Längenänderungen von seriell benachbarten Sarkomeren erzwingen, so daß dort Aktin- und Myosin den Kontakt verlieren, die Aufhängung der Proteine an der Z-Scheibe reißt, die Z-Scheibe selbst reißzt oder das Sarkolemm Schaden nimmt. Wird das Sarkolemm geschädigt, ohne daß Schäden an den Aufhängungen der Proteine auftreten, nimmt nehmen die Sarkomere dennoch Schaden, denn der unregulierte Einstrom von Ca-Ionen führt zur Aktivierung kalziumabhängiger Proteinasen (Selbstverdauung), die die Proteine schädigen, die Mikrofilamentstruktur und die Mitochondrien werden geschädigt, Myoglykogen geht verloren und Neutrophile Granulozyten und Makrophagen wandern ein. Auch metabolische Schieflagen, bei der ATP-Angebot und Verbrauch deutlich differieren, können zu Kalziumüberladungen und zur Aktivierung von Proteinasen führen, was vor allem Typ-2-Fasern betreffen kann.
Neben den intrazellulären Schädigungsmechanismen gibt es auch extrazelluläre.
Wie auch bei der Zerrung dürften häufig Eskalationen eine Rolle spielen, die durch neuromuskuläre Fehlsteuerung entstehen. Wird ein lokaler Hypertonus induziert, wird das Nachbarstrukturen beeinträchtigen, vor allem serielle. Möglicherweise sind Störungen der Propriozeption hier mitverantwortlich.
Der Verletzungsmechanismus ist in der Regel zweistufig. Die erfolgende oder Ausbleibende Intervention in der 2. Stufe entscheidet maßgeblich über die Schwere der Verletzung.
Der Verletzungsmechanismus ist in der Regel zweistufig. Die erfolgende oder ausbleibende Intervention in der 2. Stufe entscheidet maßgeblich über die Schwere der Verletzung. Bereits in der zweiten Phase beginnt die Entzündungsreaktion zur Reparatur. Ist diese abgeschlossen, schließt sich die Remoddelingphase an.
Bei einem kompletten Durchriss ziehen die Sehnen die beiden Teile in Richtung Ursprung und Ansatz zurück, starkes Hämatom, das teilweise die Interpretation der Bildgebung beeinträchtigt, kompletter Funktionsausfall. Daneben gibt es noch den Muskelbündenriss, bei dem ein ganzes Bündel gerissen ist. Siehe auch den allgemeinen Artikel über Muskelverletzungen.
ICD T14.6
Ursache
- abrupter exzentrischer Kontraktion über die Kompetenz des Muskels hinaus
Prädisponierend
- geringe Umgebungstemperatur
- unzureichendes Aufwärmen
- Muskuläre Ermüdung
- erschöpfter Muskelstoffwechsel
- Muskelverhärtungen
Diagnose
- klinisch
- Sono
- bei größeren Rissen GOT und GPT erhöht
Symptome
- bei der auslösenden Bewegung plötzlicher messerstichartiger Schmerz
- (meist sichtbares) Hämatom
- oft palpable Delle
- möglicherweise palpable Kontinuitätsunterbrechung
- Druckschmerzhaftigkeit
- meist lokaler Dauerschmerz, zusätzliche Bewegungsschmerzhaftigkeit
- Dehnungsschmerzhaftigkeit (außer bei komplettem Abriss)
- bei komplettem Abriss: völliger Funktionsverlust, veränderte Ruheposition des Gelenks durch Spannung der Antagonisten
Komplikationen
- bei zu rascher oder inadäquater Wiederaufnahme von Bewegung Gefahr von Narbenbildung und Moysitis ossificans
- Rerupturen
Therapie
- rasche Intervention: PECH
- Je schneller der Muskelfaserriss gekühlt wird, umso geringer die Einblutung, umso kürzer die Behandlungsdauer
- Schonung
- kühlende, abschwellende Verbände, z.B. mit Diclofenac, Heparin
- antiphlogistische Enzyme wie Phlogenzym
- Iontophorese
- ab dem 4./5. Tag leichte passive Dehnungsübungen
- ggf. manuelle Lymphdrainage zur Förderung des Abschwellens
- sobald Schmerzfreiheit gegeben ist, isometrische Kräftigung, Laufübungen zur Vermeidung von Muskelatrophie
- hohe Spontanheilungsrate, Ausheilung meist binnen ca. 6 Wochen
- OP nur bei Funktionsausfall, also i.d.R. Komplettabriss
- Testosteron-Therapie gegen Muskelatrophie
- Nachsorge: Präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Rerupturen und weiteren Muskelfaserrissen: Verbesserung der intramuskulären und intermuskulären Koordination, umfangreiches Aufwärmtraining, Vermeidung von Muskelverkürzungen oder Muskelimbalancen durch mangelhaftes Dehnen oder einseitiges Training.
DD
- Sehnenriss
- rupturierte Baker-Zyste
- Muskelzerrung
- Muskelriss
- Muskelprellung
- Ermüdungsbruch
- Myositis
- Thrombophlebitis
- Thrombose