exploration: Wirbelsäule unabhängige beweglichkeit

Unabhängige Beweglichkeit der Wirbelsäule


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letzte Änderung: 30.5.2021
Name: Unabhängige Beweglichkeit der Wirbelsäule

Anleitung

  1. Führe diese Exploration aufgewärmt und achtsam aus.
  2. Stehe in tadasana etwa einen halben Meter vor einer Wand um eine Referenz zu haben.
  3. Halte den Oberkörper in Position und drehe das Becken nach rechts.
  4. Beuge leicht im rechten Kniegelenk, so dass als Folge die rechte Hüfte tiefer steht als die linke. Der Oberkörper bleibt unverändert.
  5. Kippe das Becken nach vorn in die Flexion in den Hüftgelenken, so dass ein Hohlkreuz entsteht.
  6. Drehe den Brustkorb nach links.
  7. Krümme die BWS in eine Flexion.
  8. Kippe den Brustkorb zur linken Seite, so dass die linke Schulter tiefer steht als die rechte.
  9. Neige den Kopf zur rechten Seite.
  10. Drehe den Kopf nach rechts.
  11. Nimm den Kopf in den Nacken.

Details

  1. Diese Exploration dient dem Nachweis und der Erfahrung, dass und wie weit die Wirbelsäule sich in den drei Bereichen HWS, BWS und LWS weitgehend unabhängig voneinander bewegen lässt. Deshalb führen wir in dem darüberliegenden Bereich jeweils die Gegenbewegung zum darunterliegenden aus. Die Wand dient als Referenz um die ausgeführte Bewegung besser bestätigen und ihr Maß einschätzen zu können.
  2. Grundsätzlich besteht die Wirbelsäule zwischen Kopf und Kreuzbein aus meistens 24 Wirbeln (mehr ist nicht selten) und deren Zwischenräumen, in denen die Bandscheiben liegen. Zwei Wirbel mit der dazwischenliegenden Bandscheibe werden als ein Segment bezeichnet und bilden das Wirbelgelenk, in dem die Bewegung stattfindet. Die Beweglichkeit der WS setzt sich also aus den einzelnen segmentalen Beweglichkeiten zusammen. Dabei kann nicht jedes Segment einzeln angesteuert werden. Das ist sowohl neurologisch nicht implementiert als auch im Rahmen der Tätigkeiten, die die Spezies Mensch bisher ausgeprägt und trainiert hat, völlig unnötig. Darüber hinaus würde es sicherlich zu einem deutlichen Verlust an Stabilität im Gesamtsystem WS führen. Die WS ist mit mehreren, teils recht stabilen Bändern im Rückenmarkskanal und außen an den Wirbeln gegen unphysiologische Bewegungen der Wirbel relativ zueinander gesichert. Diese Sicherung wäre bei einer völlig unabhängigen segmentalen Beweglichkeit ungleich schwieriger zu gewährleisten. Zusätzlich zu den Bändern ist die Bewegung in den einzelnen Segmenten dadurch eingeschränkt, dass die Wirbel durch diverse Muskeln des Gesamtsystems autochthone Rückenmuskulatur verbunden sind, die verschieden viele Segmente überziehen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass einige Muskeln dieses Systems auch am Beckenkamm, an den Rippen und am Hinterkopf inserieren. Jeder dieser Muskeln kann nur als Ganzes kontrahieren und wirkt damit mehr oder weniger gleichmäßig auf alle von ihm überzogenen Segmente. Im Wesentlichen lassen sich damit die Großbereiche HWS mit ihren 7 Wirbeln, die BWS mit ihren 12 Wirbeln und die LWS mit ihren 5 Wirbeln unabhängig voneinander bewegen. Die Muskeln, die von einem Großbereich in einen benachbarten einstrahlen, begrenzen dort natürlich die Gegenbewegung(en). Dies lässt sich bis zu einem gewissen Grad durch Förderung der Flexibilität reduzieren.
  3. Die Einteilung in die drei Bereiche HWS, BWS, LWS rührt natürlich vom Brustkorb her. Dessen Konstruktion besteht aus Rippen, die mit je zwei Gelenken gegen die Wirbel beweglich sind und gegenüberliegend einem Brustbein, an dem sie ebenfalls mit begrenzter Beweglichkeit (mehr oder weniger ausgeprägt über Knorpel) ansetzen. Da die Elastizität der knöchernen Rippen recht begrenzt ist, wird beispielsweise eine Rotation eines Wirbels gegenüber den darunter liegenden durch das Brustbein gebremst, auf das die Rippen von der einen Seite drücken und an dem sie (über Gelenkkapsel und Bänder) an der anderen Seite ziehen. Der knorpelige Ansatz der Rippen am Brustbein erlaubt dabei durch seine begrenzte Beweglichkeit ein deutlich größeres Maß an Bewegung, als wenn die Rippen direkt am Sternum ansetzen würden. Weiter werden Bewegungen der Rippen gegeneinander durch die zwischen ihnen liegende Interkostalmuskulatur recht eng begrenzt. Ähnliche Einschränkungen gelten für die Lateralflexion, die abgesehen von den Wirbelsegmenten selbst, hauptsächlich durch die Interkostalmuskeln begrenzt sein dürfte, und die Extension, für die das Gleiche zutrifft, was je nach individueller Flexibilität der Interkostalmuskeln bei tiefer Inspiration auch direkt in Form von Dehnungsempfinden erfahrbar werden kann.
  4. Aus der oben hergeleiteten begrenzten Beweglichkeit der BWS folgt, dass dieser Bereich die geringste Beweglichkeit der gesamten WS besitzen muss, wenn nicht die anderen Bereiche noch größere Einschränkungen aufweisen. Im Bereich der LWS wird die Bewegung durch Muskeln wie Psoas major und falls vorhanden Psoas minor, mehr aber durch Quadratus Lumborum und vor allem die schräge Bauchmuskulatur begrenzt, die allesamt das Becken bzw. im Falle des Psoas major sogar das Bein gegenüber der Wirbelsäule bewegen. Der lange Rectus abdominis als Verbindung des Brustbeins und der Rippen mit dem Becken kann ebenfalls begrenzend wirken.
  5. Im Falle der HWS gibt es auch wieder einige Muskeln, die den Rumpf oder das ihm aufgelagerte Schulterblatt gegen den Kopf bewegen, also alle Segmente der HWS überziehen, jedoch haben unsere Bewegungsmuster mit Betonung auf Kopf und oberer Extremität hier eine größere Flexibilität ausgeprägt als im Bereich der LWS.
  6. Grundsätzlich können beliebige andere Kombinationen der dreidimensionalem Beweglichkeit der WS ausprobiert werden. Sinnvollerweise findet dabei jeweils in einem Bereich die Gegenbewegung zu dem darunter- und darüberliegenden Bereich statt.