bewegungsphysiologie: regeneration

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Regeneration

Im engeren Sinne bezeichnet in der Trainingstheorie Regeneration nur die Erholung der Muskeln auf ihr ursprüngliches Leistungsniveau, nachdem es durch sportliches Training (oder körperliche Arbeit) eingebrochen ist, dies ist also als muskuläre Regeneration zu verstehen. Der Leistungsverlust resultiert aus mehreren Faktoren, etwa der Erschöpfung intramuskulärer Glykogenvorräte, dem Verlust an Elektrolyten wie Calcium und Magnesium, der Veränderung des pH, der in den Geweben geschaffenen Sauerstoffschuld, der Notwendigkeit zum Abtransport von Metaboliten und der stoffwechselbedingten Hyperthermie. Zu den wichtigen abzubauenden Metaboliten gehört vor allem das Laktat, die Milchsäure, die bei Leistungsanforderungen oberhalb der Laktatschwelle gebildet wird. Regeneration erneuert, wo nötig, Zellgebewe, füllt Speicher wieder auf, passt die neuronale Ansteuerung ggf. an das Training an und beinhaltet ggf. auch die Anpassung von Organen an die Anforderung. Der Körper sorgt nach Abschluß der Regeneration für eine leicht erhöhte Leistungsfähigkeit. Dieser Effekt wird als Superkompensation bezeichnet. Superkompensation beschreibt die (zeitlich recht begrenzte) Phase erhöhter Leistungsfähigkeit als auch den Effekt als solchen. Fehlt über längere Zeit hinreichende Regeneration, fällt die Leistungsfähigkeit kontinuierlich weiter ab, was als Übertraining bezeichnet wird. Dabei nimmt das allgemeine Krankheitsrisiko und das Verletzungsrisiko im Bewegungsapparat zu.

Als ein Beispiel, an dem man die Notwendigkeit muskulärer Regeneration und den Effekt des Übertrainings, auch wenn es sich nicht um die gleiche Art von Belastung handeln sollte, in kleinem Maßstab schnell selbst erfahren kann, ist folgendes Experiment: Man führe an einem Abend nach gutem Aufwärmen hinreichend viele Sätze schweren
Kreuzhebens bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit aus, so daß die
Ischiocrurale Gruppe danach erschöpft ist. Am nächsten Mittag (oder auch früher oder später) versuche Running man auf die gewohnte Weise und auf einer gewohnten Runde. Typisches Resultat dieses Experiments ist, daß ein deutlicher Mangel an Leistungsfähigkeit in der Ischiocruralen Gruppe festgestellt wird und sich schon auf den ersten Schritten ein Gefühl von „Blei in den Beinrückseiten“ einstellt, obwohl es sich um deutlich unterschiedliche Anforderungen an die selbse Muskelgruppe handelt. Das Kreuzheben ist ein skaliertes Maximalkrafttraining im gewohnten Muster von leichteren über schwere bis zu maximal schwere Sätze, in denen nur noch wenig Wiederholungen möglich sind. Dabei nutzt es einen recht großen bereich des zur Verfügung stehenden
ROM aus und steht für die Dauer eines Satzes ständig unter Last, die aber in ihrer Schwere oszilliert: bei waagerechtem Becken und Oberkörper ist sie maximal, darüber (bei geringerer Flexion in den
Hüftgelenken) und – falls die Beweglichkeit es zulässt: darunter (also in größerer Flexion) ist sie geringer entsprechend der Schwerkraftwirkung des Teilkörpergewichts aus Oberkörper, Kopf Armen und extermen Gewicht und deren weit von den Hüftgelenken als Drehzentrum entfernt liegendem Schwerpunkt der bewegten Masse.

Das Running hingegen nutzt nur einen eher kleinen Teil des ROM und das auch nur in kurzen Lastspitzen, ist also der Art der Beanspruchung nach deutlich unterschiedlich zum Kreuzheben. Dennoch ist binnen 9-12 Stunden die Regeneration der muskulären Ressourcen noch völlig unzureichend, so daß ein deutlicher Einbruch der Muskelleistungsfähigkeit gegenüber dem gewohnten Niveau festgestellt werden muß. Bei diesem zweistufigen Experiment bestehen kaum Risiken. Das nächste zweistufige Experiment hat demgegenüber ein gewisses Risiko eines Wadenkrampfs oder einer –Zerrung, so daß bei den leisesten Anzeichen für deren Entwicklung das Experiment sofort abgebrochen werden muß. Im ersten Teil führe man eine uttanasana über möglichst 5 Minuten am Stück mit maximal nach vorn (ventral) verlagertem Becken durch, wobei das Schwerelot so weit ventral liegt, daß gerade noch nicht mit den Zehen abgestützt werden muß. Ggf. kann, falls noch keine hinreichende Erschöpfung der Wadenmuskulatur vorliegt, noch die eine oder andere Haltung danach ausgeführt werden, die ebenfalls den Trizeps surae deutlich im Sinne einer Kraftausdauerleistung in eher größerer Sarkomerlänge fordert wie Z.B. 3. Kriegerstellung oder schlicht vrksasana, im Extremfall sogar Johns Folge. Danach führe man binnen der nächsten 6 Stunden Running auf die gewohnte Weise und auf einer gewohnten Runde durch.

In diesem Beispiel zeigt sich, daß Teile der Wadenmuskulatur von den zuvor ausgeführten Asanas soweit erschöpft sind, daß im folgenden Running leichter als gewohnt oder gar recht schnell sich nicht nur das im ersten Beispiel erlebte „Blei-Gefühl“ einstellt, sondern auch die Krampf-, Zerrungs- und Rissneigung erhöht ist, weshalb die eingangs ausgesprochene Warnung gilt, beim leisesten Anzeichen eines solchen Effekts den Versuch sofort anzubrechen.