pathologie: postpunktionelles syndrom / post-lumbar puncture headache (PDPH / PLPH)

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Definition

Das postpunktionelle Syndrom wird auch als postspinaler Kopfschmerz / liquorunterdrucksyndrom / post-dural puncture headache / post-lumbar puncture headache (PDPH / PLPH) bezeichnet. Nach diagnostischen, therapeutischen oder versehentlichen Interventionen mit Durchstoßen der Dura mater und Arachnoidea wie Liquorpunktion oder Spinalanästhesie entstehende Komplikation mit orthostatischem Kopfschmerz, der sich im Liegen mit einen Time Lag von bis zu 15 Minuten bessert oder verschwindet und sich in aufrechter Position (Sitzen, Stehen) mit einem Time Lag von bis zu 15 Minuten eintritt oder sich verschlechtert. Wird bei einer Epiduralanästhesie (Periduralanästhesie) ebenfallls versehentlich die Dura mater durchstoßen, ist dies eine ungewollte Nebenwirkung.
Das Syndrom tritt bei ca. 2% aller Spinalanästhesien auf, bei der Liquorpunktionen (Entnahme i.d.R. über 10 ml) je nach Methode in zwischen 0,5 und 18%. Wird bei einer Periduralanästhesie die Dura mater perforiert, liegt die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines postspinalen Kopfschmerzes bei rund 50 %. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten nimmt mit dem Alter ab. Männer sind seltener betroffen als Frauen.

Der Pathomechanismus ist nicht vollständig geklärt, jedoch führt eine Entnahme deutlich jenseits des Stundenvolumens von 0,35 ml/Minute für die Bildung des Liquors zu einem Druckabfall im Liquorraum bis in den Schädel, was empfindliche Strukturen wie die Hirnhäute, Blutgefäße oder den Falx cerebri dehnt. Eine mögliche kompensatorische Vasodilatation, erhöhter Hirndruck und behinderter venöser Abfluß sind die Folge.

Der Kopfschmerz des postpunktionellen Syndroms setzt in der Regel binnen 5 Tagen ein und dauert meist bis zum 7. Tag. Es ist zuweilen begleitet von Übelkeit, Schwindel, Nackenschmerzen, Tinnitus, Hörveränderungen, Photophobie. Die Inzidenz sinkt mit abnehmendem Durchmesser der Nadel. Eine um 90° gedrehte Nadel und ein zur Entfernung der Nadel wieder angesetzter Mandarin senken die Inzidenz ebenfalls. Auch die Form der Nadelspitze ist entscheidend.

Ursache

  • Lumbalpunktion, Epiduralanästhesie, Periduralanästhesie

Symptome

  • Occipitaler Kopfschmerz oder frontaler Kopfschmerz mit Ausstrahlung in den Nacken
  • Nackensteifigkeit
  • Rückenschmerzen
  • Lichtempfindlichkeit
  • Geräuschempfindilchkeit
  • Doppelbilder und Sehstörungen
  • Tinnitus
  • generalisierte Krampfanfälle

Diagnose

  • Klinik und anamnestisch vorausgegangene Lumbalpunktion reicht zur Diagnosestellung aus.

Therapie

  • Koffein, Gabapentin, Theophyllin, Hydrokortison i.v.
  • Spontanheilung binnen 7 Tagen (postpunktionelles Syndrom), bei invasiver intervention binnen 48 h
  • intravenöse oder orale Flüssigkeitszufuhr (ohne Wirkungsnachweis)
  • Nicht-opioid-Analgetika
  • ggf. Antiemetika
  • keine postinterventionelle Bettruhe (ist KI)
  • bei Versagen konservativer Therapie: epidurales Blutpatch (nicht prophylaktisch)

Komplikation

  • TVT durch Bettlägrigkeit

DD

  • Spontane intrakranielle Hypotension (SIH): pachymeningeale Gadolinium-Anreicherung im MRT
  • Kopfschmerz durch eine Liquorfistel
  • bakterielle Meningitis
  • aseptische Meningitis
  • cerebrale Raumforderungen, intrakranielle Blutungen

Leitlinie

https://register.awmf.org/assets/guidelines/030-113l_S1_Diagnostik-Therapie-des-postpunktionellen-und-spontanen-Liquorunterdruck-Syndroms_2023-10.pdf