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Ruhepuls
Mit Ruhepuls wird normalerweise die Anzahl der hämodynamisch wirksamen Herzschläge pro Zeiteinheit (meist Minuten) bezeichnet. In bestimmten Fällen kann der Extremitätenpuls teilweise oder ganz ausfallen. Auch sind hämodynamisch unwirksame Schläge des Herzens denkbar, also Kontraktionen der Herzkammern, die zu keinem relevanten Auswurf von Blut und damit zu keiner palpablen oder auskultierbaren Pulswelle in der Peripherie führen (man spricht dann von einem Pulsdefizit), deswegen ist die obige Präzisierung nötig, korrekter wäre: Ruhe-Herzfrequenz oder resting heart rate RHR. Als normal gilt ein Ruhepuls zwischen 60 und 80 Schlägen pro Minuten, ab 100 bpm liegt eine Tachykardie vor. Nach der Geburt liegt der Ruhepuls bei 120 – 140 bpm, bei Kleinkindern bei 100 – 120 bpm, bei älteren Kindern und Jugendlichen bei 80 bis 100 bpm, um dann weiter abzufallen auf den erwachsenen Ruhepuls. Der Ruhepuls sollte morgens nach dem Aufwachen, bevor die ersten Gedanken an die kommenden Anstrengungen des Tages aufkommen, oder abends gemessen werden, wenn der Mensch völlig zur Ruhe gekommen ist. Es gibt eine Menge von Falsch-Positiv-Faktoren für den Puls, etwa: Koffein, Tein, ein voller Magen, volles Gedärm oder eine volle Harnblase, wahrnehmbarer Miktions- oder Defäkationsdrang, absolvierte Anstrengung oder Sport, Stress, Tageszeit, Wetter, deutlich erhöhte oder erniedrigte Außentemperatur, Infekte und viele andere Erkrankungen, endokrinologische Abweichungen. Dazu kommt der Weißkitteleffekt: Die Untersuchungssituation erzeugt eine sympathische Erhöhung des Pulses, das kann auch gelten, wenn man sich selbst untersucht. In der Regenerationsphase nach intnesivem Training kann auch am Folgetag der Puls noch um einige Schläge (nicht über 10) erhöht sein, das kann als Zeichen für die (ggf. zu hohe Intensität) des Trainings gewertet werden. Darüber hinaus ist der Ruhepuls deutlich vom Trainingsstand und Alter abhängig. Langjährige Ausdauersportler haben häufig Ruhepulse von unter 50, im Falle von Langläufern sogar etwa 40 oder bei Radfahrern auch bis Mitte 30. Der spanische Radprofi Miguel Indurain hatte mit 28 bpm den niedrigsten je bei einem Gesunden gemessenen Ruhepuls. Die Basis dieser Adaption ist das Wachstum des Herzmuskels, mit dem Training wird das Herz größer und entwickelt auch eine größere Kontraktionskraft. Im physiologischen Fall (es gibt auch pathologische Bradykardien) korreliert der Ruhepuls invers mit der Ausdauerleistungsfähigkeit, je größer diese also ist, desto niedriger ist der Ruhepuls. Bei hochtrainierten Athleten können im Schlaf physiologische Sinuspausen bis über 2 Sekunden auftreten.
Bei Leistungsanforderung steigt zuerst die eingesetzte Herzkraft und damit das Volumen, danach die Schlagfrequenz und zuletzt die elektrische Überleitzeit. Andererseits steigt der Ruhepuls bei älteren Menschen ganz langsam an. Der Takt des Herzens in Ruhe ist nicht völlig gleichmäßig, es treten leichte Schwankung im Zehntelsekundenbereich auf, davon ab wird der Puls bei jeder Einatmung ein wenig beschleunigt, um mit der Ausatmung wieder abzufallen. Diese Phänomene gehen in die Herzratenvariabilität ein. Häufig ist der Einfluß psychischer Faktoren auf den Puls zu groß, um einen gesicherten Ruhepuls zu ermitteln. Dann kann ein Bezugspuls ermittelt werden, der bei 20W Leistung auf dem Ergometer in entspannter Atmospäre ermittelt wird. Der Einfluß psychische Faktoren wird durch die Arbeit i.d.R. weitestgehend ausgeschaltet. Dieser Bezugspuls liegt im Schnitt bei Männern um 18.5 bpm und bei Frauen um 24,5% über dem Ruhepuls, die Schwankungsbreite ist recht gering. Die Erholung korreliert mit dem Vagustonus.
Der Ruhepuls spielt auch eine Rolle in den besseren Formel zur Ermittlung von Trainingspulsen/Trainingsintensitäten. Sie enthalten nicht nur eine Abhängigkeit von der maximalen Herzfrequenz HFmax, sondern auch vom Ruhepuls, teils auch noch von anderen Parametern, siehe Rechner und Erklärungen auf einer eigenen Seite.