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Pulsdefizit

Ein Pulsdefizit gibt die Anzahl an, um die ein peripherer Puls (z.B. der Radialispuls) gegenüber den Herzschlägen vermindert ist, also die Differenz von Herzfrequenz und Puls. Physiologisch liegt kein Pulsdefizit vor. Auftreten kann ein Pulsdefizit bei

  • schwerer Hypotonie, z.B. beim Schock
  • schwerer Hypertonie
  • arteriellen Durchblutungsstörungen, z.B. im Rahmen einer pAVK
  • arteriellen Thrombosen
  • Arrythmien, bei denen hämodynamisch unwirksame Herzkontraktionen auftreten, z.B. Extrasystolen, absoluter Arrythmie oder Vorhofflimmern
  • Aortendissektion
  • Karotissinus-Druckverband

Beim Pulsdefizit kann man in komplett und inkomplett unterscheiden,
komplett heißt es, wenn eine Herzkammerkontraktion kein Blut fördert.
Typischerweise verringert sich ein Pulsdefizit, wenn der Kopf auf Herzhöhe abgesenkt wird wie im Liegen und vermehrt sich wieder, wenn der Kopf angehoben wird. Desweiteren nimmt das Pulsdefizit oft mit steigendem Blutdruck ab. Bereits geringe körperliche Tätigkeit vermindert das Pulsdefizit deutlich, leichte Anstrengungen wie Treppensteigen bringen es oft schon zum Verschwinden. Ein Pulsdefizit kann ein Zeichen einer Herzinsuffizienz sein. In 50% der festgestellten Patienten mit Pulsdefiziten liegen keine Symptome vor, in der anderen Hälfte werden Palpitationen, Leistungsminderung oder auch Präsynkopen wahrgenommen.

Weil auch Extrasystolen ein Pulsdefizit auslösen können, müssen auch deren, teils harmlose, Ursachen als mittelbar verursachend betrachtet werden. Supraventrikuläre Extrasystolen (SVES, Vorhofextrasystolen), die im Vorhof (atriale SVES) oder im AV-Knoten (nodale SVES) entstehen, sind meist symptomlos, weil sie die Hämodynamik weniger beeinträchtigen als ventrikuläre (VES). Nur gegentlich verursachen sie Herzstolpern, Herzrasen, Herzklopfen (Palpitationen). Selten kann es auch zu Schwindel,
Angst, Nervosität oder Ohnmacht kommen. Sie werden häufig beiläufig im EKG befundet und sind bei ansonsten gesunden Menschen nicht behandlungsbedürftig. Ventrikuläre Extrasystolen (VES) können im EKG immer gleich aussehen (monomorph) und sind nicht immer krankheitswertig, oder sie erscheinen öfter unterschiedlich (polymorph) und deuten auf einen Herzmuskelschaden hin. Folgt auf einen regulären Herzschlag nur eine Extrasystole wird diese als Bigeminus bezeichnet, bei einem Trigeminus sind es zwei Extrasystolen und bei mehr als zwei spricht man von Salven. Liegt die Extrasystole zeitlich zu nah (innerhalb der Refraktätzeit) vor einer regulären Herzaktion, so kann diese nicht hämodynamisch wirksam ausgeführt werden, es entsteht eine kompensatorische Pause. Diese ist ohne Krankheitswert, kann aber als Herzstolpern wahrgenommen werden.

Zu den harmlosen Ursachen von Extrasystolen, die auch bei Gesunden auftreten, gehört Sport. Sie können bei sportlicher Belastung auftreten, weil der relative Sauerstoffmangel Potentialschwankungen der Herzmuskelzellen begünstigt, also die Elektrochemie des Herzens beeinträchtigt. Wegen der adrenergen Lage und abhängig von deren Ausmaß werden Dromotropie (Erregungsleitung) und Bathmotropie (Erregbarkeit) gefördert, letzteres vor allem begünstigt Extrasystolen. Beim ansonsten herzgesunden Menschen ist das unbedenklich. Auch nach dem Sport kann es zu Extrasystolen kommen, weil der vermehrt aktive Vagusnerv bei gleichzeitig rückläufigem Sympathikus das Herz zunehmend beeinflusst. Neben Sport kann auch Streß durch die erhöhte Erregung des Körpers auf verschiedenen Wegen Extrasystolen begünstigen, was sowohl für Dystreß als auch für Eustreß gilt. Im Falle von Herzneurosen ist das besonders ausgeprägt.

Auch die Schwangerschaft kann, vor allem zu Anfang und gegen Ende,
Extrasystolen begünstigen, was das Überwachen von Schilddrüsenwerten, Elektrolyten und der Herzaktion durch EKG indiziert. Durch Genußgifte wie Nikotin und Koffein, aber auch Alkohol (Genuß und Entzug) kann es ebenfalls zu Extrasystolen führen
Unter den Eletrolyten sind vor allem Kalium, Magnesium (Mangel) und Calcium-Entgleisungen begünstigend für Extrasystolen.